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ÖFFENTLICHE BAUTEN • PUBLIC BUILDINGS
KITA IM PARK
IN STUTTGART
Entwurf • Design Birk Heilmeyer und Frenzel Architekten, Stuttgart
Selten haben sich die Bauten der Stuttgarter Architekten Birk Heil-
meyer und Frenzel durch ausgeprägte Farbigkeit hervorgetan – in der
Regel lassen sie die Materialfarben für sich sprechen. Anders bei der
Kita im Park: Der feuerrote, zweigeschossige Riegel fügt sich wie
selbstverständlich in den gewachsenen Baumbestand und überrascht
im Inneren mit kräftig grünen Böden, Wänden und Treppen. Großzü-
gige Verglasungen verbinden wirkungsvoll inneres und äußeres Grün.
von • by Petra Stephan
K onsequent einfach, aber niemals simpel“, lautet das Fazit der Juroren, die der vier-
gruppigen Kindertagesstätte Ende letzten Jahres kurz vor der Gebäudeübergabe eine
Hugo-Häring-Auszeichnung zugesprochen hatten. In der Tat scheinen alle Entwurfsent-
scheidungen die Folge von Gegebenheiten zu sein. Im Stuttgarter Osten – heterogen be-
baut, von Grün durchzogen – haben Birk Heilmeyer und Frenzel den zweigeschossigen
Neubau auf einer unterirdischen Bunkeranlage geplant. Damit und aufgrund der beson-
deren Grundstücksparameter waren Position, Gebäudeabmessung, Konstruktion und
Materialität auch schon gesetzt. Das geringe Gewicht einer Holzkonstruktion kam der
Gründung auf der Bunkeranlage entgegen und die Ausrichtung auf dem Grundstück er-
möglichte eine klare Trennung zwischen der eher geschlossenen Nebenraumzone im Nor-
den und Gruppenräumen mit großen Öffnungen Richtung Süden. Dies drückt sich sowohl
in den Fassaden als auch in der Dachform aus – ablesbar in den unterschiedlichen Dach-
neigungen und dem Ob erlichtband entlang dem Flur im Obergeschoss. Aus Letzterem re-
sultiert eine gute Belichtung und Belüftung des Gebäudes, aus Ersterem größere Raum-
höhen in den Aufenthaltsräumen. So weit so logisch, wie simpel! Über die reine Funktio-
nalität hinaus erhebt eine überschaubare Materialpalette – Holz, Putz und Linoleum im
Innenbereich, Holz und Metall im Außenbereich – den Entwurf, der durch die Zugabe nur
zweier, aber kräftiger Farben seine beinahe prosaische Leichtigkeit erhält. Das Rot bezieht
sich auf die Fassadengestaltung der 1928 erbauten, benachbarten Raitelsbergsiedlung,
das Grün intensiviert das durch die raumhohen Fenster flimmernde Grün der Umgebung.
Helle Holzverkleidungen, weiße Innenwände, Türen und Einbaumöbel kontrastieren die
satten Farbtöne und erzeugen eine angenehm lichte, ruhige Raumkulisse, die erfahrungs-
gemäß schnell genug von den Kindern, Möbeln, Spielsachen und Basteleien belebt wird
und dadurch die sachliche Strenge verliert. Diese unaufgeregte Einfachheit wirkt nicht
nur wohltuend auf die bauliche Umgebung, sondern vermittelt großen und kleinen Nut-
zern sicherlich ein Gefühl von schützender Geborgenheit – alles andere als simpel!
060 • AIT 5.2021