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ÖFFENTLICHE BAUTEN • PUBLIC BUILDINGS
KIRCHE ST. FIDELIS
IN STUTTGART
Entwurf • Design schleicher.ragaller freie architekten, Stuttgart
Immer mehr Menschen treten aus der Kirche aus, immer mehr sind
auf der Suche nach Spiritualität. St. Fidelis in Stuttgart begegnet die-
ser Entwicklung mit einem offenen Angebot. Seit Dezember 2019
dient das fast 100 Jahre alte katholische Gotteshaus auch als spiritu-
elles und kirchenmusikalisches Zentrum. schleicher.ragaller archi-
tekten schufen für Gläubige und Sinnsuchende einen Ort der Stille.
von • by Annette Weckesser
B usse, Stadtbahnen, Autos – die Seidenstraße im Stuttgarter Westen ist geprägt von
Verkehr und Lärm. Doch mitten im hektischen Alltag bietet St. Fidelis kontempla-
tive Ruhe. 1924/1925 wurde die katholische Kirche nach Plänen von Clemens Hummel
nach dem Vorbild italienischer Basiliken und im stilistischen Wettstreit von Historismus
und Moderne erbaut. 1944 bis auf die Außenmauern zerstört, baute Hugo Schlösser das
Gotteshaus, innen homogen farblich gestaltet, wieder auf. Rudolf und Maria Schwarz
richteten die Kirche 1964, nach dem Zweiten Vatikanum, neu aus. Nach dieser wech-
selvollen Geschichte und der jüngsten Sanierung durch schleicher.ragaller architekten
ist St. Fidelis nun vorerst zur Ruhe gekommen. Das ebenso subtile wie allgegenwärtige
Gefühl wohltuender Stille stellt sich unvermittelt ein. Es ist die Eliminierung alles Über-
flüssigen und die Entfaltung alles Notwendigen, das den dreischiffigen Kirchenraum
beherrscht. Der durchgängige Travertinboden und die schlichte Holzkassettendecke
schaffen großzügige, homogene Flächen. Feierlich hell ist die Atmosphäre. Georg Mei-
stermanns Buntglasfenster können jetzt ebenso ihre Wirkung entfalten wie seine Kreuz-
wegbilder in den Seitenschiffen. Heiligenfiguren und Opferkerzen kommen, inspiriert
von Leo von Klenze, auf Steinsockeln in konkaven Nischen zur Geltung. Die inzwischen
verstorbene Maria Schwarz war es, die die Architekten in persönlichen Gesprächen er-
mutigte, den Communio-Gedanken umzusetzen. Dieser Gemeinschaftssinn zeigt sich
in der neuen Sitzordnung von St. Fidelis. Ambo und Altar spannen unter dem Mittel-
schiff eine Längsachse auf. Parallel dazu sitzen sich die Gläubigen im Gottesdienst ge-
genüber. Der Stuttgarter Künstler Martin Bruno Schmid hat die liturgischen Gegen-
stände in faszinierender Weise aus einem einzigen Kalksteinmonolith heraus entwik-
kelt. In den Chor haben die Architekten den Raum der Stille integriert. Dieser von oben
belichtete „Binnenchor“ aus Holz bildet das Herz des Spirituellen Zentrums. Nichts
lenkt vom eigenen Ich ab. Über sechs Portaltüren lässt sich dieser Ort der Meditation
und des Gebets zum Kirchenraum öffnen. Die Hektik der Straße bleibt außen vor ...
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