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BÜRO UND VERWALTUNG • OFFICE BUILDINGS
BICOCCA SUPERLAB
IN MAILAND
Entwurf • Design Balance Architettura, IT-Turin
Balance Archittetura hat aus einem brachliegenden Bürobau eines
1992 aufgelösten Industrieunternehmens ein zeitgemäßes Cowor-
king-Gebäude als neuen Ankerpunkt für Kollaboration und Innovation
gemacht. Besonderes Augenmerk lag auf der Freilegung der konstruk-
tiven Qualität des Baus, dem die Planer durch ihre betont immaterielle
Innenraumgestaltung besondere Strahlkraft verleihen.
von • by Henriette Sofia Steuer
U m das alte Bürogebäude des Stahlunternehmens Breda Siderurgica im heute durch
Universität und zahlreiche Firmen belebten Industrieviertel Bicocca wieder nutzbar
zu machen, war eine Generalsanierung durch das Team von Balance Architettura nötig.
In unmittelbarer Nachbarschaft zu Firmen wie Pirelli, Philips und Engie Italia galt es, den
gut 100 Meter langen Baukörper zu einem zeitgemäßen Bürobau zu ertüchtigen, der das
Viertel fortan mit seinen Mietflächen für Firmen und Einzelpersonen bereichern soll. Im
Rahmen des Bauprozesses legten die Architekten zu diesem Zweck die Eisenkonstruktion
frei und ersetzten die einstige Klinkerfassade durch eine vorgehängte Glasfassade, die aus
einer Tragstruktur speziell entwickelter Außenpfosten und recycelbarem Silikon besteht.
So entstand ein gänzlich neuer Gebäudeeindruck, der durch Transparenz gekennzeichnet
ist und mit seiner immateriellen Erscheinung Bezug zu seinem Standort und den täglich
wechselnden Lichtverhältnissen aufnehmen will. Diese betonte Durchlässigkeit ist auch
Teil der Innenraumgestaltung: Statt kleinteiliger Strukturen beließ man die drei oberir-
dischen und das neue, nun mit doppelter Geschosshöhe großzügige, unterirdisch gele-
gene Geschoss unverbaut offen. Die entsprechende Neukonzeption der Etagen und die
Einrichtung des Foyers, der großen Konferenzräume und eines gemeinschaftsstiftenden
Cafés im ursprünglichen Kellergeschoss sorgten für etwa 1600 Quadratmeter zusätzliche
Bürofläche und für eine neue Gebäudeerschließung. NutzerInnen betreten das Gebäude
nun von der Mittelachse aus – ebenerdig von der Straße über eine Freitreppe nach unten
und wahlweise gebäuderückseitig über eine abfallende Grünanlage. Von hier aus ist das
Gebäude über zentral gelegene Aufzüge und zwei massive Betontreppentürme erschlos-
sen, die den Grundriss jeder Etage in vier nahezu gleich große Büroräume unterteilen. Für
Orientierung sorgt die farbig gestaltete Tragstruktur, die etagenweise von Grün über Gelb
zu Koralle wechselt. Dem ordnet sich der übrige Innenausbau klar unter, der mit neutra-
len Farben, spiegelnden und transluzenten Trennwänden, Acrylelementen und offenen
Arbeitslandschaften nach einer Art urbanem Understatement strebt.
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