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BÜRO UND VERWALTUNG  •  OFFICE BUILDINGS   THEORIE  •  THEORY


                                                               Technologien, gepaart mit der Experimentierfreude talentierter Kollegen, neue Herangehensweisen
                                                               zur Formfindung entwickeln konnten. So können Algorithmen beispielsweise dabei helfen, architek-
                                                               tonische Strukturen an biologische Prinzipien anzupassen: Wenn man das Eigengewicht einer Gebäu-
                                                               dedecke um 70 Prozent reduziert, erinnert ihre Form an die Unterseite eines Blattes. Wenn KI Büroflä-
                                                               chen optimiert, entstehen natürlich anmutende Strukturen, die auf den realen Bewegungsmustern
                                                               der Nutzer basieren. Auch in der Lehre spielt KI eine zunehmende Rolle: Studierende trainieren Algo-
                                                               rithmen durch gezielte Bilderauswahl oder optimieren sie durch „Reinforcement Learning“, bei dem
                                                               maschinelles Lernen durch Belohnungssysteme gesteuert wird – ein Prozess, der dem menschlichen
                                                               Lernen nicht unähnlich ist. Blum rechnet damit, dass es mithilfe von KI zu einer Kreativitätsexplosion
                                                               kommen wird, was seiner Meinung nach in der derzeitigen gesichtslosen Monotonie von Neubauten
           Abbildung: Courtesy of Zaha Hadid Architects        de, wenn wir einen besseren Beitrag zum Klimaschutz leisten wollen“, meint er.
                                                               eine willkommene Entwicklung sein wird. „Theoretisch brauchen wir nur 50 Prozent der Bürogebäu-


                                                               Die Herausforderung: Weiche Faktoren messbar machen

                                                               Die verbliebene Hälfte der Büroflächen stellt Architekten jedoch vor neue Herausforderungen, die
                                                               kreative Lösungen erfordern. In einer zunehmend datengetriebenen Welt gewinnen faktenbasierte
                                                               Entscheidungen in der Architekturplanung immer mehr an Bedeutung. Die Herausforderung liegt
                                                               darin, weiche Faktoren wie Wohlbefinden, soziale Interaktion und Nutzerverhalten ebenso messbar
                                                               zu machen wie klassische Kennzahlen zur Flächeneffizienz. Welche Faktoren beeinflussen die Rau-
                                                               makustik und wie lassen sich Störgeräusche minimieren, ohne die Offenheit moderner Bürokonzepte
                                                               zu beeinträchtigen? Welche Arbeitsplatzanordnungen begünstigen soziale Interaktion, Wissensaus-
                                                               tausch und zugleich konzentriertes Arbeiten? Zwischenmenschliche Einflussfaktoren wie Abstände,
                                                               Sichtbarkeit und Nähe lassen sich zunehmend datenbasiert analysieren und gezielt in die Planung
                                                               einfließen. Durch eine intelligente Koppelung dieser Parameter können aus rein quantitativen Kenn-
                                                               zahlen qualitative Mehrwerte entstehen – ein Ansatz, der nicht nur das Nutzungserlebnis verbessert,
                                                               sondern auch wirtschaftlich messbare Vorteile bietet. Planungskriterien, die bisher allein der Flä-
                                                               cheneffizienz oder dem Immobilienwert geschuldet waren, erhalten durch neue Technologien ein
                                                               Gegengewicht: Nutzerdaten, psychologische Erkenntnisse und adaptive Architektursysteme könnten
                                                               es ermöglichen, Büros aus einer Innenperspektive heraus zu gestalten – mit Fokus auf menschliche
                                                               Interaktion, Flexibilität und Nachhaltigkeit. Wenn wir Büros als soziale und kreative Hubs begreifen,
           Abbildung: Courtesy of Zaha Hadid Architects        sondern warum sie es wollen.
                                                               die mehr sind als Arbeitsorte, dann stellt sich nicht mehr die Frage, ob Menschen zurückkehren –





                                                               T
                                                                  he office real estate and furnishing industries have yet to offer a compelling solution that would
                                                                  entice employees to return to offices of their own accord. Perhaps this is because planning
                                                               parameters remain primarily focused on the efficiency and flexibility of buildings rather than on the
           Gesteuert von digitalen Karten (unten), die beispielsweise die Lichtqualität, Zugänglichkeit   needs of users? While this one-sided optimisation according to outdated formulas could be made
           oder Raumübersicht für jeden Punkt im Raum quantifizieren, berechnet ein Algorithmus   even more efficient through artificial intelligence, it would ultimately leave us with the same com-
           optimale  Grundrisskonfigurationen  (oben).  •  Controlled  by  digital  maps  (bottom),  which   promise-laden solutions. The question is therefore: do we merely want to plan offices more quickly
           quantify, for example, the quality of light, accessibility or room overview for each point in the   and in compliance with standards, or do we want to rethink them fundamentally? The planning of
           room, an algorithm calculates optimal floor plan configurations (top).   a people-centred office must begin with the end user. Instead of static floor plans with standardised
                                                               desk-sharing models, we need an architecture that actively supports the cognitive, social and emotio-
                                                               nal needs of employees. Early approaches from data-driven design illustrate how these qualities can
                                                               be translated into spatial layouts. Insights from environmental psychology play a crucial role in this:
                                                               studies show that factors such as natural light exposure, room acoustics, ergonomic diversity and the
                                                               possibility to individually adapt the work environment have a significant impact on concentration,
                                                               well-being and performance. In this context, biophilic design, which integrates natural elements such
           Abbildung: Courtesy of Zaha Hadid Architects        and productivity-boosting environment, is also gaining in importance. The classic calculation formu-
                                                               as vertical gardens, wooden surfaces or water features into architecture to create a stress-reducing
                                                               la of the office world does not work anymore: floor space divided by headcount plus a desk-sharing
                                                               ratio no longer ensures balanced occupancy.




                                                               The average usage of the office property has dropped to just three days per week, which even nega-
           Basierend auf der Planung der Möblierung kann ein Algorithmus das Wegegeflecht der   The transformation of the office world
           zukünftigen  NutzerInnen  prognostizieren.  Die  Möbelinseln  (links)  führen  zu  intensiver   tively impacts operational efficiency and the sustainability balance. This is because an underutilised
           Vernetzung,  die  traditionellen  Tischkonfigurationen  (rechts)  erzeugen  rigide  lineare   building not only means vacancy but also inefficient use of resources – from energy consumption to
           Korridore. • eBased on the planned furniture layout, an algorithm can predict the movement   urban planning impacts on mobility and infrastructure. Many companies have already attempted
           patterns of future users. The furniture islands (left) encourage intensive networking, whereas   to increase office attendance through imposing mandatory in-office days, yet often without lasting
           traditional desk configurations (right) create rigid linear corridors.  success. The reason: employees no longer view the office as their sole workplace but instead com-

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