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BÜRO UND VERWALTUNG • OFFICE BUILDINGS

































            VENTION OFFICE

            IN MONTREAL



            Entwurf • Design Ivy Studio, CA-Montreal


            Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne. Leicht und frei zaubert das
            noch sehr junge Ivy Studio fein auf die DNA der Auftraggeber abge-
            stimmte räumliche Visitenkarten. Der Entwurf für das Unternehmen
            Vention ist messerscharf auf dieses zugeschnitten und nicht auf ein
            anderes anwendbar. Material, Struktur und Farben entstammen der
            Geschichte und den spezifischen Prozessen der Firma.



            von • by Daniela Keck, Stuttgart
            D   ie vier freundschaftlich verbundenen GründerInnen des Studios, eine weibliche und
                drei männliche, faszinieren durch ihre jugendliche Leidenschaft, Dinge unvoreinge-
            nommen anzugehen und auch den Mehraufwand nicht zu scheuen, den eine intensive
            Beschäftigung und Auseinandersetzung mit der Persönlichkeit eines Unternehmens be-
            deutet. In tiefem „Vention-Blue“ leuchten die neuen Einbauten und Möbel vor dem in
            Weiß getauchten Bestandshintergrund. Drei der fünf Jahre, die das Studio besteht, sind
            pandemiegeprägte Jahre. In der Typologisierung von Räumen hat sich in dieser Zeit Vieles
            gewandelt. Was privat ist, was öffentlich, was Freizeit, was Arbeit ist, verschwimmt. Das
            ebenfalls in Montreal ansässige Unternehmen Vention ist spezialisiert auf die Entwick-
            lung von Automatisationssystemen. Aus einem mannigfaltigen Baukasten, der unter an-
            derem mit einer ganzen Reihe unterschiedlicher Aluminium-Strangpressprofile bestückt
            ist, wird ein herstellerspezifisches System für die jeweilige industrielle Produktion zusam-
            mengebaut. Genau diese Ästhetik der perforierten Profile wurde zu den Schlüsselkom-
            ponenten bei der Umwandlung der 1.300 Quadratmeter großen Lagerhalle. Dennoch wir-
            ken die neuen Büroflächen wie ein ganz privates und gleichsam weltoffenes elegantes
            Wohnzimmer. Die Entscheidung der Architekten, Materialien aus dem firmenspezifischen
            Katalog einzusetzen und die maßgeschneiderten Möbel und Einbauten aus eben jenen
            zusammenzusetzen, ist simpel und genial zugleich. Die Räume gewinnen dadurch eine
            intensive Aura. Material, Form und Farbe generieren im Zusammenspiel mit den darin
            sich aufhaltenden Menschen ein nicht kopierbares Gesamterlebnis. Auf diese Weise wird
            diese Arbeitswelt zur dreidimensionalen Visitenkarte, die viele wandelbare Ansichten
            zeigt, aber dennoch einzigartig bleibt. Die Büro- und Aufenthaltszonen verschmelzen ge-
            radezu mit den Ausstellungsobjekten. Und vermutlich überträgt sich auf Kunden wie Nut-
            zer ein ganz besonderer Geist – es entsteht ein hohes Identifikationspotenzial. Dabei ist
            es vor allem auch eine Visitenkarte, die im internationalen Wettbewerb um Fachkräfte
            einen tiefen Eindruck hinterlässt. Wer möchte hier nicht arbeiten?

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