Page 78 - AIT0325_E-Paper
P. 78

WOHNEN  •  LIVING

































           WOHNHAUS

           IN KUTNÁ HORA


           Entwurf • Design Byró architekti, CZ-Prag

           Mitten in der Altstadt von Kutná Hora, links und rechts flankiert von
           Nachbarhäusern, steht dieses von Byró umgebaute Einfamilienhaus.
           Die Prager Architekten fanden interessante Lösungen, um Tageslicht
           dort hinfallen zu lassen, wo eigentlich keines eindringt. Auf 297 Qua-
           dratmetern entstanden dank minimierter Verkehrsflächen sehr groß-
           zügige Wohnräume, die ein ruhiger, grüner Hof und Garten ergänzen.

           von • by Annette Weckesser
           B   yró architekti – Tomáš Hanu und Jan Holub – gehören zur Generation junger Architek-
               ten unter 40 in Tschechien. Die beiden sind wie viele andere vor allem im privaten
           Wohnungsbau aktiv, und sie „fahren“ regelmäßig Preise bei Wettbewerben um öffentliche
           Bauten ein. Unlängst durfte Byró ein Wohnhaus in Kutná Hora – zu Deutsch: Kuttenberg –
           umbauen. Die knapp 20.000 Einwohner zählende böhmische Stadt gelangte durch Silber-
           bergbau einst zu Wohlstand; die Altstadt, in der dieses Haus steht, zählt heute zum UNES-
           CO-Weltkulturerbe. Ursprünglich gab es an Ort und Stelle ein mittelalterliches Gebäude,
           das aber vollständig niederbrannte. Im späten 19. Jahrhundert wurde dieses durch ein
           Haus ersetzt, das in den 1970er-Jahren, laut Byró, wenig sensibel umgebaut wurde und
           somit seinen Charakter komplett einbüßte. Eben jene verlorene Identität wollten die
           Architekten wieder herstellen. Die Spurensuche nach der Vergangenheit gestaltete sich
           dabei extrem schwierig. Vieles war schlichtweg nicht mehr vorhanden. Ziel von Tomáš
           Hanu und Jan Holub war es deshalb, die Grenzen zwischen Alt und Neu verschwimmen
           zu lassen. Frische Impulse sollten das Haus zu neuem Leben erwecken. Und dies geschah
           vor allem über Fenster, Öffnungen im Inneren sowie Licht- und Blickbeziehungen. Da das
           Haus in eine Häuserzeile integriert ist und sich somit in einer Sandwich-Position befindet,
           sind die einzigen Lichtquellen die Straßen- und die Gartenseite. Dem Treppenhaus kommt
           dabei eine Schlüsselfunktion zu, denn es fungiert als Lichtfänger. Dank des Umbaus kön-
           nen die Eltern und ihre drei Kinder nun über ein großes Fenster vom Wohnzimmer ins
           Treppenhaus blicken. Das Haus kommuniziert! Zwischen Ober- und Dachgeschoss ermög-
           licht eine neue, filigrane Metalltreppe samt Oberlicht, dass Tageslicht bis tief in diese
           Kernzone fällt. Glasbausteine sorgen dafür, dass Licht auch Räume ohne Fenster belebt.
           Das Farbkonzept erarbeiteten die Architekten in enger Absprache mit der Familie. In den
           hellen Räumen setzen von Byró selbst entworfene Möbel und Einbauschränke aus Sperr-
           holz sowie Treppe, Fliesen und Fensterrahmen dezente, aber wirkungsvolle Farbakzente.
           Hof und Garten auf der Rückseite des Hauses schaffen mitten in der Altstadt ein grünes
           Refugium. Straßen- und Gartenseite könnten verschiedener nicht sein: extrem öffentlich –
           Haus- und Gehwegkante sind eins – und extrem privat.

           078  •  AIT 3.2025
   73   74   75   76   77   78   79   80   81   82   83