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EDITORIAL












                                                     Liebe Leserinnen, liebe Leser,


                                                     wir hatten ganz lokalpatriotisch der Stuttgarter John Cranko Schule (Bild links) von Burger
                                                     Rudacs Architekten die Daumen gedrückt, doch die Jury des DAM Preises 2022 hat anders
                                                     entschieden: Der erste Preis des alljährlich vom Deutschen Architekturmuseum ausge-
                                                     schriebenen Wettbewerbes ging an die Arge Summacumfemmer mit Juliane Greb für das
                                                     genossenschaftliche Wohnprojekt „San Riemo“ im Münchner Stadtteil Riem (S. 12)! Dass
                                                     das für 100 Bewohner konzipierte, flexibel nutzbare Gebäude, in dem die Wohnungen – je
                                                     nach Bedarf – wachsen und schrumpfen können, zum Siegerprojekt gekürt wurde, mag
                                                     auch ein Zeichen dafür sein, welchen Stellenwert derzeit das Thema Wohnungsbau ein-
                                                     nimmt. Die Konkurrenz war durchaus namhaft und die Projekte spektakulär ... aber genau
                                                     darum geht es im Wohnungsbau aktuell ohnehin nicht. Bei der Auswahl der Projekte (ab
                                                     S. 68) für die vorliegende Ausgabe zum Thema Wohnen haben wir bewusst die üppigen
                                                     Lösungen außen vor gelassen. Unser Augenmerk galt vielmehr denen, die sich durch in-
                                                     telligente Eingriffe, raffinierte Farb- und Materialwahl und einen sparsamen Umgang mit
                                                     Flächen auszeichnen. Und so fanden wir beispielhafte Wohnlösungen wie die Apartments
                                                     im portugiesischen Cascais, in Kapstadt oder in Biarritz, die auf nur 24 bis 55 Quadratme-
            Foto: Dr. Uwe Bresan                     tern attraktivstes Wohnen bieten. Selbst wenn ArchitektInnen ihre eigenen Wohnräume
                                                     planen, geht es ökonomisch und pragmatisch zu, aber eben nicht ohne das besagte Quänt-
                                                     chen Raffinesse, wie wir mit den Projekten in Berlin (Bild unten) und London aufzeigen.
                                                     Sehr individuelle Ansprüche der künftigen BewohnerInnen – in Bezug auf die räumliche
            Mit besten Grüßen                        Verortung oder den ausgesucht persönlichen Geschmack – umzusetzen, ist bei den Apart-
            Petra Stephan, Dipl.-Ing.                ments in Berlin, Mailand und im spanischen Viladecans sowie beim Ferienhausneubau in
            Chefredakteurin • Chief Editor           Menzenschwand und der Umgestaltung des Familienbereiches in London gelungen. Einer
            Architektin • Architect                  besonderen Bauaufgabe haben sich Bonell+Dòriga angenommen: Mit viel Feingefühl und
                                                     großem Respekt vor dem Bestand gelang ihnen die optische und technische Ertüchtigung
                                                     eines Apartments in der gigantischen Wohnanlage Walden 7 (S. 116), die der erst vor Kur-
                                                     zem verstorbene Ricardo Bofill Anfang der 1970er-Jahre bei Barcelona realisiert hatte. Und
                                                     dass Wohnen nicht nur traumhaft sein kann, sondern auch alptraumhafte Empfindungen
                                                     auszulösen vermag, zeigen die fotografischen Inszenierungen (ab S. 124) von Gregory
                                                     Crewdson – schaurig schöne Bildstrecke!




             Dear Readers,


             in true local patriotism, we had our fingers crossed for the John Cranko School (pictured above) by Burger
             Rudacs Architekten in Stuttgart, but the jury of the DAM Prize 2022 decided otherwise: first prize in the annual
             competition organised by the Deutsches Architekturmuseum went to Arge Summacumfemmer with Juliane
             Greb for the cooperative housing project San Riemo in Munich's Riem district (p. 12)! This winning project, a
             building for 100 residents with flats that can grow and shrink according to need, may also be considered a
             sign of the importance currently attached to housing construction. The competitors were certainly renowned
             and their projects spectacular ... but that is not what housing construction is currently all about. When selec-
             ting the projects for this issue on housing (from p. 68), we deliberately left out the opulent solutions, focusing
             instead on projects characterised by intelligent interventions, sophisticated colour and material schemes and
             an economical use of space. We found exemplary solutions such as the flats in Cascais (Portugal), Cape Town
             and Biarritz, creating most appealing living spaces of only 24 to 55 square metres. Even when architects plan
             their own homes, they do so economically and pragmatically, but not without the aforementioned sophisti-
             cation, as the projects in Berlin (picture on the right) and London demonstrate. The flats in Berlin, Milan and
             Viladecans (Spain), the new holiday home in Menzenschwand and the redesigned family area in London have
             succeeded in meeting the individual requirements of their future residents. Bonell+Dòriga have taken on a
             special task: with great sensitivity and respect for the existing building, they succeeded in upgrading a flat in
             the gigantic Walden 7 complex (p. 116), implemented by the recently deceased Ricardo Bofill near Barcelona
             in the early 1970s. And the eerily beautiful photographic stagings by Gregory Crewdson (from p. 124) show
             that living can not only be a dream but can also trigger nightmarish sensations!  Christopher Sitzler und Dr. Uwe Bresan in der Berliner Wohnung (ab S. 96)

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