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SERIEN LEHRJAHRE BEI ... • WORKING AT ...
Lernen ist überall, im Gegensatz zu den nach innen gerichteten Gebäuden der 1950er-
Jahre, die es ersetzt. Die Glasfassade ist in sechs Metern Höhe mit einer Hülle aus Alu-
miniumblättern ummantelt. Das geometrische Muster aus sich überlappenden Krei-
sen basiert auf der „Blume des Lebens“. Dieses auch in anderen Gebäuden auf dem
Campus zitierte Muster ist einer der 100 Schätze der University of Western Australia.
Die Blütenblätter erzeugen einen großartigen Schatteneffekt, der sich mit der Tages-
zeit dramatisch ändert. Die Blätter filtern das Licht und sorgen für Sonnenschutz.
r Wie sieht der Austausch zwischen den zahlreichen Hassell-Standorten aus?
Mitarbeiter anderer nationaler oder internationaler Studios – aus China, Singapur und
den USA – besuchen und arbeiten häufig für kürzere oder längere Zeit in den Studios
in Perth. Alle Hassell-Standorte sind sehr gut miteinander vernetzt. Die Principals and
Associates sind über die Sektoren verteilt und für den Gewinn und die Leitung der
Fotos: Jack Lovel Photography, AU-Fitzroy Projektabwicklung verantwortlich. Es herrscht immer eine sehr dynamische Atmo-
sphäre. Projekte haben „Pin-up“-Bereiche, wo Entwurfskritiken abgehalten werden.
Es gibt Virtual-Reality-Einrichtungen, in denen 3D-Modelle von Mitarbeitern und Kun-
den virtuell erlebt werden können. VR ist eine faszinierende Möglichkeit, Design zu
erleben. Und sie kann Teams dabei helfen, Probleme frühzeitig zu erkennen.
Marsala House, Iwan Iwanoffs 1976 erbaute ... • Marsala House, Iwan Iwanoff's concrete sculpture in Perth, ... r Welche Architektur-Highlights sollte man in Down Under nicht verpassen?
In Deutschland reagieren viele städtische Projekte respektvoll auf die lokale bauliche
Umgebung. Australische Architekten sehen sich nicht so stark an diese Vorgaben ge-
bunden. John Wardle Architects (JWA) hat viele gewagte Projekte realisiert, die alle
enorm skulptural sind und mit Architektur und Materialien experimentieren, getreu
dem Erbe von Harry Seidler. Die Melbourne School of Design für die University of Mel-
bourne ist ein Beispiel dafür. Dieser Forschergeist zeigt sich auch im New Museum
... Betonskulptur in Perth, beeindruckte Felix Oefelein enorm. • ... built in 1976, impressed Oefelein enormously. for Western Australia, einem Joint Venture von Hassell und OMA. Dieses bedeutende
Kulturprojekt im Herzen von Perth vereint denkmalgeschützte Gebäude und einen
Neubau. Das Museum bietet Westaustralien eine wunderbare Gelegenheit, um seine
einzigartige Kultur und Geschichte zu präsentieren. Historisch gesehen ist Iwan Iwa-
noff, ein bulgarischer Einwanderer, für mich ein Highlight. Nach seiner Ankunft in
Perth im Jahr 1950 entwarf Iwanoff viele Häuser und war bekannt für seine künstleri-
sche, skulpturale Verwendung von Betonblöcken. Iwanoffs Marsala House, 1976 er-
baut, ist ein herausragendes Beispiel für seinen in Westaustralien einzigartigen Stil.
r Seit 2019 arbeiten Sie wieder in Berlin. Welchen Aufgaben widmen Sie sich nun?
Von Berlin aus berate ich Hassell. Ich habe mich mit den Design- und BIM-Verantwort-
lichen von Hassell in Perth und Melbourne zusammengetan, um Werkzeuge zum
Zeichnen und Rendern zu entwickeln und Hassell-Mitarbeitern weltweit die Möglich-
keit zu geben, klar zu kommunizieren und ihr Design effizient zu entwickeln. Hassell
ist sehr gut für Fernarbeit gerüstet. Mit einem Laptop, einer VPN-Verbindung und
einem Headset war es möglich, zu chatten und Ideen auszutauschen, als würde ich
noch im Studio in Perth sitzen. Von Berlin aus unterrichte ich außerdem im Online-
Architektur-Masterstudium an der Curtin University of Technology in Perth. Zuletzt trat
ich zudem eine Lehrtätigkeit an der Internationalen Fachhochschule Berlin an. Die
Online-Unterrichtsplattformen hierzulande lassen allerdings zu wünschen übrig.
r Sie setzen sich zudem mit dem Erbe Ihres Vaters Rainer Oefelein auseinander,
der in den 1970er- und 1980er-Jahren große experimentelle Wohnsiedlungen rea-
lisierte, wie die in die Jahre gekommene Berliner High-Deck-Siedlung ...
Die Siedlungen, die mein Vater entwarf, sind wie meine Geschwister. Ich kann nicht
zulassen, dass sie sich physisch und sozial weiter verschlechtern. Die High-Deck-Sied-
lung beherbergt rund 8.000 Menschen aller Altersgruppen und sozialer Hintergründe.
Die Gebäude und Außenbereiche müssen dringend modernisiert werden, insbeson-
dere für Behinderte – was nach 40 bis 45 Jahren nicht überraschend ist. Auch der
Beton muss gereinigt werden. Gemeinschaften brauchen Pflege und Fürsorge im
Laufe der Zeit. Nachdem ich die Archive meines Vaters durchsucht und Ortsbesuche
unternommen hatte, entwickelte ich Ideen für die Verjüngung und Zukunftsfähigkeit
seines architektonischen Erbes. Vonovia, Deutschlands größter Immobilienkonzern,
erwarb die Siedlung im vergangenen Jahr. Mit Sascha Amler, dem Regionalbereichs-
leiter Berlin Ost/Potsdam Immobilienmanagement von Vonovia, hatte ich interessante
Diskussionen über die Geschichte, Gegenwart und Zukunft der Siedlung. Und ich bin
sehr froh, dass wir eine fortschrittliche Vision teilen.
038 • AIT 12.2020