Page 2 - AIT1125_Intensivstation
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Janina Lamm


                                 1994 geboren 2015–2018 Ausbildung und seit 2018 Krankenpflegerin Intensivstation Robert Bosch Krankenhaus
                                 (RBK), Stuttgart 2020–2023 Bachelor of Arts Innenarchitektur, HFT Stuttgart 2022–2023 Mitarbeit bei Schmelzle +
                                 Partner Architekten, Stuttgart 2023–2025 International Master of Interior Architectural Design, HFT Stuttgart



















             Bildunterschrift • englisch



























             Schrankwand mit Möbel-Linoleum: reizarme Farbgebung, komplementäre Akzentfarben der Möbelgriffe als visuelle Fixpunkte • Low-stimulus colour scheme, complementary accent colours on furniture handles as visual focal points




             PatientInnen, ihren Angehörigen sowie dem medizinischen Personal. Die räumliche   strukturiert und übersichtlich gestaltet. Die Verwendung natürlicher Materialien, eine
             Organisation orientiert sich klar an den Abläufen und Bedürfnissen dieser Gruppen.   zurückhaltende Farbgebung und erdende Bodenflächen tragen zur Reduktion von
             In der Mitte befindet sich ein „Pflegeblock“ mit dem Anspruch, Wege kurz zu halten,   Stress bei und fördern ein Gefühl von Sicherheit für PatientInnen und deren Angehö-
             Kommunikation zu erleichtern und Orientierung zu schaffen.   rige. Die Patientenzimmer selbst folgen einem einheitlichen Gestaltungskonzept: Jede
                                                                          Schrankwand ist mit Möbel-Linoleum belegt und erhält eine eigene, reizarme Farbge-
             Heilung beginnt mit Orientierung, Ruhe und Begegnung         bung, die sich auch an der Zimmertür wiederfindet. So entsteht ein Orientierungssys-
                                                                          tem, das subtil durch Farbe leitet. Möbelgriffe in komplementären Akzentfarben dienen
             Im Zentrum des Entwurfs stehen gemeinschaftlich genutzte Flächen, die als Orte der   als visuelle Fixpunkte. Diese gestalterische Hilfestellung dient PatientInnen, die ihre
             Begegnung, des Austauschs und der kurzen Erholung dienen. PatientInnen, die auf die   Position im Raum wiederfinden müssen.
             Intensivstation verlegt werden, betreten zunächst einen großzügigen, lichtdurchfluteten
             Gemeinschaftsraum mit Blick ins Freie und auf eine angeschlossene Terrasse. In dieser   Ruhige Räume trotz komplexer Technik
             Atmosphäre begegnen sie möglicherweise anderen PatientInnen, deren Gesundheits-
             zustand sich bereits stabilisiert hat. Diese erste räumliche und soziale Erfahrung wirkt   Ein besonderes Augenmerk gilt der Integration medizinischer Technik: Eine klare Gerä-
             bewusst positiv stimulierend: genannt “Priming“. Die zunächst oft mit Angst, Stress und   tezonierung hinter dem Patientenbett ermöglicht nicht nur einen ruhigeren Gesamtein-
             Kontrollverlust verbundenen Emotionen der Verlegung werden abgemildert. Die einla-  druck im Raum, sondern schafft auch für das Pflegepersonal eine effizientere Hand-
             dende Umgebung vermittelt Normalität, Offenheit und Menschlichkeit. Sie kann beru-  habung der komplexen Technik. Die neuartige Anordnung der Betten, nicht parallel,
             higend und angstlösend, sprich anxiolytisch, wirken, Vertrauen fördern und den weite-  sondern quer zur Fassade, eröffnet dem Patienten den direkten Blick nach draußen.
             ren Behandlungsverlauf mental unterstützen. Gemeinschaftsbereiche und der direkte   Falttüren und integrierte Transporteinheiten ermöglichen einen schnellen Zugriff auf
             Zugang zum großzügigen Patientengarten des Robert Bosch Krankenhauses öffnen die   alle notwendigen Geräte, ohne die PatientInnen unnötig zu belasten. „Idealtypus Inten-
             Intensivstation nach außen – sie durchbrechen das Gefühl der Abgeschiedenheit und   sivstation?“ ist ein innenarchitektonisches Konzept, das medizinische Funktionalität mit
             verbinden die PatientInnen wieder mit Elementen des Alltags. Durch eine klare Zonie-  menschlicher Wärme verbindet. Es ist Ausdruck eines gestalterischen Anspruchs, der
             rung und ein individuell entwickeltes Leitsystem wird der oft komplexe Stationsalltag   nicht nur Räume baut, sondern Bedingungen schafft, in denen Heilung möglich wird.

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