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Mete Ay
2017–2020 B.A. Innenarchitektur, HfT Stuttgart 2019–2020 Praktikum, Kinzo,
Berlin 2021 Projektmitarbeit, De Winder, Berlin 2021–2022 Werkstudent, Se-
bastian Zenker, München 2021–2023 M.A. Innenarchitektur, AdBK, München
Im Eingangsbereich empfängt frische Pool-Atmosphäre. • The entrance area welcomes guests with a pool atmosphere. Rote Akzente im Spa-Bereich konstrastieren zartes Blau. • Red highlights in the spa area contrast with delicate blue.
von • by Mete Ay, München
I m beliebten innerstädtischen Gärtnerplatzviertel in München befindet sich das Niederlanden und wurde später unter dem Titel „Erotic Manoeuvres: Territories of
Isarparkhaus in der Baaderstraße 6. Das oberste Geschoss des Vordergebäudes
Desire“ veröffentlicht. Die von Kapsenberg erzeugten Planungsgrundlagen gelten für
erfährt eine neue Nutzung als sexpositiver Begegnungsraum. Dafür wird das beste- alle Arten von sexpositiven Begegnungsräumen. Der Architekt gliedert diese Räume in
hende Satteldach, unter dem sich bisher die Wohnräume der Betreiber-Familie befin- drei Bereiche: die „Flanierzone“, das „Jagdrevier“ und die „intime Zone“. Alle Zonen
den, abgerissen und das Gebäude zunächst in die ursprüngliche Form aus dem Jahr weisen dabei ihren je eigenen architektonischen und atmosphärischen Charakter
1959 zurückgebaut. In der Folge wird das Flachdach durch einen zweigeschossigen auf, sind jedoch aufeinander bezogen; die Übergänge sind fließend. Entsprechend
Neubau aufgestockt. Hier soll der sogenannte „Queer Club“ entstehen, ein Begeg- ist auch der Erotikbereich des Münchner „Queer Clubs“ geplant. An die Bar und den
nungszentrum für Menschen mit nicht heteronormativen sexuellen Orientierungen, großen Lichthof als offener „Flanierzone“ schließt sich der zunehmend labyrinthi-
sowie non-binären oder transgeschlechtlichen Identitäten. Das Ziel des Entwurfes ist scher werdende Säulenwald der „Jagdzone“ an. Hier sollen die zueinander finden,
es, der queeren städtischen Kultur von München einen neuen Raum zu geben, der die zueinander finden möchten. Nischen mit semiprivaten Rückzugflächen sowie
den Bedürfnissen der LGBTQIA+-Gemeinschaft entspricht und die soziale Identität kleine Kinokabinen ergänzen das Spiel der Begierden. Das Raumprogramm der „inti-
von marginalisierten Menschen fördert. Der „Queer Club“ dient dazu, Gleichgesinnte men Zone“ wiederum umfasst private Séparées, Glory-Hole-Kabinen sowie versteckt
kennenzulernen, Freunde zu treffen und sich ungestört zu entfalten. angeordnete Sitz- und Liegeflächen. Angelehnt an die Wohnmaschine Le Corbusiers,
wird die „intime Zone“ von einem dreidimensionalen Labyrinth aus gegeneinander
Gliederung in drei Bereiche nach Jan Kapsenberg und in die Höhe gestaffelten Sitz- und Liegeflächen beherrscht: Es ist die „Unité de
l‘orgasme“. Die Konstruktion ermöglicht – neben der zentral angeordneten, großen
Er besteht aus den Zonen Gastronomie, Wellness und Erotik. Die organische Raum- Wendeltreppe – die Erschließung des Obergeschosses, wo sich weitere Séparées in
anordnung sorgt für fließende Übergänge und ermöglicht ein vielfältiges räumliches verschiedenen Größen sowie der Dachgarten befinden.
Angebot. Eine durchgehende Blickachse verbindet die verschiedenen Nutzungszo-
nen miteinander. Die in einem warmen Rot gehaltenen Umkleiden hinter dem Emp- Raffinierte, maritim angehauchte Gestaltungssprache
fangsbereich sind zunächst als „Ort der Transformation“ gedacht. Hier können sich
die BesucherInnen sowohl in einem offenen Gemeinschaftsbereich umkleiden als Neben dem Einsatz von Kunstlicht in verschiedenen Lux-Stärken sorgen drei, kegelför-
auch in drei separierten „Powder Rooms“ in intimer Atmosphäre ungestört „verwan- mige Oberlichter auf der Dachterrasse für eine ausreichende Tageslichtversorgung der
deln“. Im Zentrum der Anlage öffnet sich ein großer, halbrunder Lichthof. Er ist von Innenräume. Die Kegel erlauben außerdem eine natürliche Belüftung. Die Farbgebung
gebogenen Glasschiebetüren umgeben und mit einem beheizbaren Wasserbecken und Materialwahl der Innenräume ist von modernen Schwimmbadanlagen inspiriert,
ausgestattet. Eine geschwungene Bar, die verschiedenste Sitzkonstellationen von Ein- wo das Wasser kristallklar und türkisblau erscheint. Quadratische Fliesen, Metalllei-
zelpersonen und Gruppen erlaubt, zieht sich um den Lichthof herum. Hier werden tern und kreisrunde Pool-Beleuchtungen verleihen den Innenräumen eine raffinierte,
Getränke und kleine Speisen serviert. Der sich anschließende Wellnessbereich ist maritim angehauchte Designsprache. Ein kräftiges Rot erscheint wiederum als kontra-
mit einer finnischen Sauna sowie einem Dampfbad ausgestattet. Ein Whirlpool sorgt stierender Begleiter zum zarten Poolblau. Es ist ein Farbmix, der häufig in Schwimmbä-
für zusätzliche Erholung. Weitere Annehmlichkeiten sind warme Steinbänke und ein dern zu finden ist, etwa in den schwimmenden Trennleinen zwischen den verschiede-
großzügiger Ruhebereich. Die Planung des Erotikbereichs basiert auf der Theorie der nen Schwimmbahnen. Im Wellnessbereich tritt das Rot nur akzentuiert auf und agiert
„Erotic State of Aggregation Domain“ des niederländischen Architekten Jan Kapsen- als Vermittler zum Erotikbereich. Zusammen mit dunkleren Tönen wie Schwarz und
berg. Sie entstand Mitte der 1990er-Jahre am renommierten Berlage Institute in den Anthrazit wird hier eine eher sinnliche und erotisierende Atmosphäre geschaffen.
AIT 11.2023 • 047