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SERIEN PERSPEKTIVWECHSEL • CHANGE OF PERSPEKTIVE
Fotos Frame: Johann Clausen Foto Bond: Filine Fink
Serie Frame: rechteckige Rahmen, Art-Déco-Einfluß • Frame series: rectangular frames, Art Deco influence Serie Bond: detaillierte Ringverbindungen • Bond series: detailed ring connections
r In Deutschland gibt es jede Menge kleiner Schmucklabels. Unter den
Schmuckdesignern sind viele Einzelkämpfer. Wie leicht oder schwierig ist es,
sich in der Branche einen Namen zu machen?
Es kommt drauf an, wo die eigenen Ansprüche liegen. Wenn man hoch hinaus-
will, ist eine funktionierende PR- und Marketingmaschinerie sicher notwendig.
Wie gesagt, ich bin mit meinem Standing eigentlich ganz zufrieden, denn ich
habe meine eigene Nische gefunden. Ich möchte gar nicht „unglaublich erfolg-
„Ich empfinde meinen Schmuck reich“ sein. Mir bringt die Arbeit noch immer Spaß, jedes Teil fertige ich selbst.
als so zeitlos wie die Das wäre ab einem bestimmten Punkt nicht mehr möglich. Denn ich müsste die
Produktion aus den Händen geben, und das will ich nicht. Diese Einstellung
Architektur der Moderne.“ schätzen meine Kunden an mir, diese Haltung teilt sich meinen Kunden unausge-
sprochen mit, wenn sie mich in meinem Geschäft besuchen. Ich bin Schmuckla-
Felicitas Seidler bel und Goldschmiedin in einem. Das alleine ist schon etwas Besonderes. Und
das möchte ich nicht aufgeben, auch wenn es mich in meinem Wachstum viel-
leicht beschneidet.
r Etwas mehr als zehn Jahre sind seit Eröffnung Ihres Shops vergangen. Wie
beurteilen Sie diese Zeit im Rückblick?
Ich kann es kaum glauben, dass ich so lange schon mein Label und meinen
Laden betreibe. Es kommt mir überhaupt nicht so lange vor! Vor zehn Jahren
habe ich eigentlich nur einen Arbeitsraum gesucht. Gefunden habe ich einen Ar-
Serie Hoops: zwei Kreise, Halskette mit Glaskugel • Hoops series: two circles, necklace with glass ball beitsraum mit Schaufenster, der bis heute noch bezahlbar ist, obwohl er sich in
Berlin-Mitte befindet. Mein eigener Laden war ein Versuch. Ich habe mich nicht
verschuldet. Ohne Weiteres hätte ich nach zwei Jahren auch wieder zumachen
können. Ich wollte nur Schmuckstücke herstellen, die mir auch selbst gefielen.
Mit geringem Risiko konnte ich seinerzeit ausprobieren, ob und wie das bei den
Kunden ankam. Mein Geschäft wuchs schließlich von alleine – und natürlich
durch mich, meine Sturheit und mein wachsendes Selbstvertrauen. Jetzt schaffe
ich noch mal zehn Jahre, und dann noch mal zehn ...
r Und wo soll es für Sie und Ihr Label Felicious in diesen nächsten zehn Jahren
hingehen? Haben Sie Pläne?
Fair gehandelte und recycelte Materialien sollen eine immer größere Rolle in mei-
ner Produktion spielen. Und ich möchte mit meinem Label Felicious gerne noch
etwas bekannter werden. Ich arbeite deshalb auch zum ersten Mal mit jemandem
zusammen, die sich um Pressearbeit kümmert. Außerdem eröffne ich in diesem
Fotos Hoops: Johann Clausen ich selbst kaufe so gut wie nichts im Internet ein. Da die Lage im Einzelhandel
Jahr endlich meinen Webshop. Lange Zeit habe ich mich dagegen gesträubt, denn
aber immer schwieriger wird, führt kein Weg daran vorbei. Außerdem ist die Ge-
winnmarge natürlich wesentlich höher. Weiterhin Spaß bei der Arbeit zu haben
036 • AIT 4.2019 und so arbeiten zu können, wie ich das bisher tue, das wäre schön!