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Susanne Scholl
1992 in Kaiserslautern geboren 2012 Abitur in Hassloch seit 2012 Innenarchitekturstudium HS Kaiserslautern
2014 Praktikum bei Pfalztheater in Kaiserslautern 2015 Mitarbeit bei Connecting Design in Kaiserslautern
2016 Praktikum im Architekturbüro Landau+Kindelbacher in München
Ich kam zu dem Entschluss, dass – sobald man den stressigen Arbeitsalltag und
Geldsorgen hinter sich gelassen hat – man sich auf das konzentrieren kann, was
einem leidenschaftlich Spaß bereitet und wofür unter Umständen in jüngeren Jahren
kaum Zeit geblieben ist. Ich dachte über meine zwei Bewohner nach: Welche
Charaktereigenschaften und welche Beziehung zueinander sollten sie haben? Und
ent schied mich, ein schwules Paar zu wählen und mich so mehr mit dem Thema
Homo sexualität in der Architektur auseinanderzusetzen – falls es das überhaupt gibt,
denn in sämtlicher deutsch sprachiger Literatur war kaum etwas darüber zu finden.
Lediglich ein paar wenige englischsprachige Autoren befassten sich damit und
erlaubten mir so einen Einstieg in das Thema. Ich kreierte noch weitere Fakten zu
meinen Bewohnern: Beide haben in jungen Jahren im Militär gedient. Robert arbei-
te te als Arzt und zieht sich gerne zurück, um sich in seine Bücher zu vertiefen.
Michael ist dagegen sehr extrovertiert. Als ehemaliger Fallschirmspringer ist er immer
in Bewegung und auch im reifen Alter noch stetig auf der Suche nach neuen
Herausforderungen. Er liebt die Gesellschaft und den Sport. Sein neuestes Hobby ist
die Schauspielerei.
Das Loft wird von Kontrasten geprägt
Mir wurde schnell klar, dass bei diesem Entwurf die Abgrenzung sowohl zur Aktuell wird die Loft-Fläche als Fotostudio genutzt. • The loft area is currently used as a photo studio.
Außenwelt als auch innerhalb des Lofts eine wichtige Rolle spielen wird. Hierfür teilte
ich das Loft in zwei Bereiche mit zwei Formensprachen auf. Diese Bereiche werden
durch bündig liegende, fast unsichtbare Drehtüren miteinander verbunden. Die
Formensprache des Eingangsbereiches wird von den verspiegelten Faltflächen
geprägt. Der Raum wirkt offen, frei und durchaus auch irreal – eine bewusste
Durch zahlreiche Spiegel wirkt der Eingangsbereich offen und irreal. • The entrance area looks open and surreal.
Abgrenzung nach außen. Das Element durchzieht den Raum, bildet Stauraum für eine
Garderobe und setzt sich bis ins anliegende erste Arbeitszimmer fort. Hier kann der
quirlige und gesellige Michael seinen derzeitigen Interessen und Tätigkeiten nachge-
hen und das Loft für seine täglichen Jogging-Einheiten und Spaziergänge verlassen
ohne jemanden zu stören. Der angrenzende offene Wohnbereich ist von strenger
Geradlinigkeit geprägt. Eine einfache Formgebung vermittelt Struktur und ein Gefühl
von Stabilität und Ordnung. Die offene Kücheninsel bietet die Möglichkeit zum
gemeinsamen Kochen und Zusammensitzen auch mit Gästen. Eine Sitzecke im
Wohnzimmerbereich bietet die Möglichkeit zum gemütlichen Beisammensein. Über
den gemeinsamen Wohnraum gelangt man in den hinteren Privattrakt. Ein Wand -
paneel aus Eiche greift die gefaltete Form des Eingangsbereiches auf und zieht sich
vom zweiten, dem für Robert vorgesehenen Arbeitszimmer bis in den gemeinsamen
Rückzugs- und Schlafbereich hindurch. Im Bereich des zweiten Arbeitszimmers
Aussparungen im Paneel sorgen für besondere Stimmung. • Openings in the panel create a special moo.
verdeckt es die Fenster, einzelne Lichtstrahlen gelangen nur durch runde Aussparungen
im Paneel in den Raum. Mittig bildet ein Sitzkubus mit Arbeitsfläche und hohen
Außenwänden einen Ruhepunkt inmitten der Bücher. Hier kann sich der introvertierte
und bodenständige Robert zurückziehen und sich ganz seinen Büchern widmen. Der
Ankleidebereich auf der linken Seite des Privattrakts hält durch seine Aufteilung in
Einzelelemente unerwünschte Blicke durch die Fenster fern. Über dem Bett befindet
sich ein Element aus einem Acrylglaskubus, der mit getrockneten Gräsern befüllt ist.
Durch die Hinterleuchtung des Elements bildet sich ein außergewöhnliches Farben-
und Schattenspiel auf dem Bett ab. Schlafbereich und Arbeits zimmer sind optisch
durch das Privatbad mit einer zum Schlafbereich offenen und zum Arbeitsbereich ver-
glasten Dusche miteinander verbunden. Ebenso wie Shoreditch selbst, ist auch das
Loft von Kontrasten geprägt: öffentlich – privat, gera dlinig – schräg, streng – frei. Dies
spiegelt sich auch in der Materialität wider. Der dunkle Schieferboden bildet einen
sanften Kontrast zum hellen Lehmputz an den Wänden. Die Schieferfliesen ziehen sich
über das gesamte Loft hindurch und verbinden so optisch die beiden unter-
schiedlichen Bereiche. Einzelne Elemente in Eiche runden das Gesamtbild ab.
AIT 3.2017 • 053