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Petra Lasar Entwurf • Design Licht 01 Lighting Design, Hamburg
Bauherr • Client Ernst Barlach Haus, Stiftung Hermann F. Reemtsma
Standort • Location Baron-Voght-Straße 50a, Hamburg
1956 in Herne geboren 1985 Erstes Staatsexamen Lehramt seit 1987 selbst- Nutzfläche • Floor space 720 m 2
ständige PR-Beraterin und Journalistin mit den Schwerpunkten Architek -
Fotos • Photos Andreas Weiss,
turkommunikation, Licht und Healthcare, Agentur schwarz auf weiß
Mehr Infos auf Seite • More infos on page 134
Akzentlicht-Optiken mit unterschiedlichen Ausstrahlwinkeln • Accent lighting optics with different beam angles Versenkbare Strahler ergänzen die Einbauringe • Retractable spotlights complement the recessed rings
von • by Petra Lasar
D ie Eigenständigkeit der Architektur, die sich laut Hermann F. Reemtsma, Mäzen und nötig ergänzt oder ganz im Sinne der Architektur angepasst werden. Als Ersatz für die
Freund von Ernst Barlach und Bauherr des gleichnamigen Museums, in der Ge-
ehemals in den Deckenöffnungen montierten QR-CBC-Einbauleuchten in schwenkbarer
schlossenheit nach außen und in dem inneren konzentrierten Organismus für die Samm- oder in schwenk- und drehbarer Stab-Version wurden versenkbare Multifunktionsleuch-
lung ausdrückt, war nach einem Umbau 1995/96 in vollem Umfang erhalten geblieben. ten mit Wechseloptiken (15° bis 80°) benötigt, die bei Bedarf zur Akzentuierung von Ex-
Sie zeigt sich als Folge lichter, klar gegliederter und abwechslungsreich proportionierter, ponaten herausgezogen und ausgerichtet werden. Zur Umsetzung des Konzepts von
rund um einen zentralen Innenhof gruppierter Ausstellungsräume mit immer wieder er- Licht01 wurden zusätzlich Wallwasher für die flächenbündige Montage in den bestehen-
lebbaren Tageslichtbezügen. In ihrer Maßstäblichkeit bieten die Räume, die trotz ihres den und neuen Deckeneinbauringen benötigt, um die musealen Anforderungen an ho-
großzügigen Eindrucks an die Dimensionen eines Wohnhauses erinnern, die Möglichkeit mogene Wandflutungen zu erfüllen.
zu konzentrierter Kunstbetrachtung. Durchblicke und Sichtachsen, Oberlichter, Podeste
und Nischen ermöglichen ebenso vielfältige wie spannungsreiche Präsentationen. Jetzt Keine Farbortdifferenz dank einheitlichem Tunable White-LED-Chip
sollte der schlichte, nach wie vor zeitgemäß anmutende Museumsbau, den der Architekt
Werner Kallmorgen 1962 im Hamburger Jenischpark realisiert hatte, lichttechnisch opti- Eine bei den Wallwashern und den Multifunktionsleuchten exakte Übereinstimmung
miert werden. Die ehemalige Beleuchtungsanlage mit ihrem extrem gelben und warmen des Farborts war zwingend erforderlich. Denn bei gleichzeitiger Beleuchtung der Wände
Licht hatte sich als inkompatibel mit den vielen Tageslichtöffnungen erwiesen. Dabei galt mit beiden Leuchtentypen kommt es zu Überlagerungen, welche eine Farbortdifferenz
es, Eingriffe in die schützenswerte Architektur zu vermeiden, besonders die vorhandene sichtbar machen würden. Nach langem Experimentieren gelang einem Hersteller
prägnante Deckenstruktur stellte die Lichtplaner Katja Winkelmann und Robert von Si- schließlich in enger Zusammenarbeit mit Licht 01 Lighting Design die Modifizierung
chart von Licht 01 Lighting Design vor eine besondere Herausforderung, da sie nach eines Strahlers und Wallwashers in kleiner Standardbauform zur Aufnahme des glei-
Leuchten in besonders kleiner Bauform verlangte. Doch kleine Leuchten, welche eine chen Tunable White-LED-Chips. Dank der Standardlösung konnte eine BMU-Förderung
saubere Tunable White-Lösung mit museumsgerechten lichttechnischen Eigenschaften im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative vom Bundesministerium für Umwelt,
kombinieren, waren zu Planungsbeginn 2016 nicht im Markt verfügbar. Die Bedingungen Naturschutz und nukleare Sicherheit in Anspruch genommen werden. Zur eleganten
an die Bauform und Baugröße schienen mit den lichttechnischen Anforderungen an Farb- Überbrückung der unterschiedlichen Größen der flächenbündig eingebauten Leuchten
wiedergabe, Lichtstrom und vor allem Farbort nicht vereinbar zu sein. und der Deckenausschnitte wurden zugunsten eines einheitlichen Deckenbildes indivi-
duell gefräste Distanzplatten gefertigt. Sie kaschieren gleichzeitig die Größendifferenz
Tunable White passt Kunstlicht an die Dynamik des Tageslichts an von Wallwasher und Strahler und ermöglichen deren leichten Tausch, um bei temporä-
ren Ausstellungen auf die Anforderungen der Exponate reagieren zu können. Die Her-
Eine Tunable-White-Lösung wurde favorisiert, damit das Kunstlicht an die Dynamik der ausforderungen seitens der nicht anzutastenden Architektur und der museal bedingten
hohen Tageslichteinträge angepasst werden kann. Aufgrund der in den Ausstellungsräu- lichttechnischen Qualitäten sind gleichermaßen erfüllt. Die über eine Wetterstation auf
men zu erhaltenden Deckenstruktur mit ihrem behutsam angelegten Raster aus kleinen dem Dach geregelte dynamische Anpassung des Kunstlichts an die wechselnden Tages-
Öffnungen für Leuchten und großen Öffnungen für Tageslicht-Oberlichter standen die in lichtsituationen sorgt zudem dafür, dass die Kunst stets im besten Licht erscheint. Auf-
Museen gern eingesetzten Stromschienen außerhalb jeder Diskussion. Die vorhandenen grund des ausgezeichneten und zudem energiesparenden Ergebnisses war das Ernst
Deckeneinbauleuchten-Positionen sollten weitestgehend erhalten, wenn unbedingt Barlach Haus für den Deutschen Lichtdesign-Preis 2020 nominiert.
AIT 5.2021 • 115