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WOHNEN • LIVING THEORIE • THEORY
Im Haus am Park werden ebenso wie im Brückenhaus maximal unterschiedliche Wohntypen gelebt. • In the Haus am Park, as in the Brückenhaus, a maximum of different living typologies are practised.
WOHNEN FÜR ALLE
BAUTEN DER BAUGEMEINSCHAFT WOLLE+ IN TÜBINGEN VON YONDER UND SOMAA
von • by Dr. phil. Gerd Kuhn, Tübingen
unter denen Geflüchtete und Einheimische seit Januar 2020 am Tü- U nsere Gesellschaft weist eine große Dynamik auf, die besonders durch Migrations-
Integration, Adaption und Kommunikation sind die drei Merkmale,
bewegungen geprägt ist. Häufig verstärken Zuwanderungen die bereits bestehende
binger Neckarufer eine Gemeinschaft bilden. Erprobt werden neue sozialräumliche Polarisierung. Es ist aber möglich, diesen Tendenzen der Abgrenzung
Strategien und Wohnkonzepte zur Integration von Menschen un- durch eine Architektur der Integration zu begegnen. Ankunftsorte können räumliche
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terschiedlicher Lebens- und Einkommenssituationen, sozialer Mi- Angebote für eine gelingende Integration werden. Dies setzt aber voraus, dass für die
lieus und kultureller Hintergründe. Der Wohnsoziologe Dr. Gerd Ankommenden mehr als nur Wohnraum entsteht. Wichtig sind Orte der Kommunika-
Kuhn hat das Projekt der privaten Baugruppe Wolle+ mitentwickelt tion und der alltäglichen Begegnung. Nicht Abschließung, sondern Durchdringung ist
und berichtet nachfolgend über die Herangehensweise. geboten. Es bedarf Räume, in denen geflohene Menschen aus mannigfaltigen Kulturen
einen sicheren, geborgenen Ort finden, und Räume, in denen sie sich mit ansässigen
Integration, adaptation and communication are the three cha- Nachbarn treffen können. Nur so wird der neue Wohnort für die Ankommenden auch
racteristics under which refugees and locals have been forming zum Lebensort. Wohnorte für Geflüchtete, die nach den großen Migrationsbewegungen
a community on the banks of the Neckar River in Tübingen since 2015/2016 errichtet wurden, befanden sich in der Regel in Containern oder anderen
January 2020. New strategies and housing concepts for the inte- Schlichtbauten . Zwar vermochten diese den geflüchteten Menschen eine elementare
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gration of people from different life and income situations, so- Behausung zu bieten, aber ihre Lage im Stadtrandgebiet und mangelhafte Gestaltungs-
cial milieus and cultural backgrounds are being tested. Housing qualitäten wurden zu Zeichen der Abgrenzung und sozialen Distanz. Es gibt aber auch
sociologist Dr Gerd Kuhn helped develop the project of the pri- eine Reihe von Beispielen, die sich den zwei zentralen Herausforderungen der letzten
vate building group Wolle+ and reports on the approach. Jahre stellen: nämlich der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum sowohl für Geflüch-
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