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Dominik Stoschek White Arkitekter
1997 geboren 2016-2020 B.Sc. Architektur und Stadtplanung, Universi- 1951 gegründet Mitarbeiter 800, davon 100 Partner, CEO: Alexandra Hagen Foto CEO Alexandra Hagen: Camilla Svensk
tät Stuttgart seit 2020 M.Sc. Architecture, Urbanism and Building Büros 13, in Schweden, Dänemark, Norwegen, Großbritannien Fokus nach-
Foto: privat Sciences, TU Delft 08/2019-01/2020 White Arkitekter, Stockholm haltige (Holz-)Architektur, Städtebau, Landschafts- und Innenarchitektur
Die Gelegenheit für Auslandsaufenthalte ist wohl nie größer als
während des Studiums. Sechs Monate lang arbeitete Dominik Sto-
schek als Praktikant bei White Arkitekter in Stockholm. Für AIT
blickt er erfrischend offen auf seine lehrreiche Zeit in diesem
außergewöhnlichen Büro, auf Stockholm und die Schweden zu-
rück. Im September 2020 zog es ihn weiter an die renommierte
Technische Universität Delft, um dort den Master of Science in
Architecture, Urbanism and Building Sciences zu erwerben.
The opportunity for stays abroad is probably never greater than
during while one is studying. For six months, Dominik Stoschek
has been working as a trainee at White Arkitekter in Stockholm.
For the readers of AIT, he looks back with refreshing openness on
his instructive time in this extraordinary office, on Stockholm and Rendering: White Arkitekter & Tegmark
on Sweden. In September 2020, he went on to the renowned Delft
University of Technology to there gain his Master of Science in Ar-
chitecture, Urbanism and Building Sciences.
Wettbewerb Büro „Forskaren“ in Stockholm: Atrium (links) und Baukörper • Competition office „Forskaren“
H err Stoschek, White Arkitekter ist das größte schwedische Architekturbüro sade zu schmücken. Die Schweden und insbesondere White Arkitekter denken hier
mit 13 Niederlassungen in Schweden, Dänemark und London. Was hat Sie
bereits um einiges weiter. Holz als das nachhaltige Konstruktionsmaterial schlecht-
gereizt, sich dort zu bewerben? hin wird wie selbstverständlich in so gut wie allen Projekten verwendet, wodurch
Ich will ehrlich sein. Vor Beginn meiner Recherche nach Praktikumsstellen kannte White in diesem Feld bereits ein unglaublich großes Reservoir an Expertise sam-
ich White Arkitekter nicht. Ich hatte mich der skandinavischen Architektur allerdings meln konnte. Die Frage des Baustoffes stellt sich oft gar nicht mehr, viel eher wird
schon während meines Bachelorstudiums sehr verbunden gefühlt, weswegen ver- bereits hinterfragt, ob der stetig steigende Verbrauch dieses Rohstoffes denn wirklich
mehrt Büros aus dieser Region Europas auf meiner Liste standen. Nachdem ich her- das Nonplusultra in Sachen Nachhaltigkeit ist. Auch im Büroalltag wird diese Mis-
ausgefunden hatte, dass White Arkitekter, die sehr engagiert im Klimaschutz sind, sion fortgesetzt. Das angebotene Essen ist ausschließlich vegan, die Mitarbeiter wer-
das wohl führende Architekturbüro Nordeuropas ist, war ich angespornt, mein den angehalten, Dienstreisen im Zug zu unternehmen, und für kürzere Strecken ste-
Glück dort in Schweden zu versuchen. Ich hatte zwar zwei Zusagen von renommier- hen Fahrräder für die Mitarbeiter bereit.
ten Büros aus Dänemark – das Bewerbungsgespräch bei White war allerdings derart
überzeugend, dass mir meine Entscheidung leichtgefallen ist. r Welches waren die wichtigsten Projekte, an denen Sie mitwirken durften? Was
konnten Sie beitragen und was haben Sie gelernt?
r Geben Sie uns einen Einblick in die Arbeits- und Projektwelt bei White! Ich habe während meiner Zeit in Stockholm wohl eher durch Zufall fast ausschließ-
Um White und deren Philosophie zu verstehen, muss man eine Sache wissen: Die lich an Wettbewerben mitwirken können. Dadurch habe ich einen großartigen Über-
Unternehmensstruktur unterscheidet sich grundsätzlich von der anderer Büros. Von blick über den Entwurfsprozess bei White bekommen. Und dieser war erstaunli-
den rund 800 Mitarbeitern sind über 600 Teilhaber. White ist also zu einem Großteil cherweise sehr individuell und unabhängig! Es gab keine Vorgaben „von oben“ und
kollektiv und gemeinschaftlich organisiert. Das macht sich natürlich auch im Büro- auch niemanden, der in letzter Minute noch den kompletten Entwurf kippte. Ein
alltag bemerkbar. Zu den sehr flachen Hierarchien kommt eine große Portion Trans- Wettbewerb drehte sich um den Entwurf des Bürogebäudes „Forskaren“ in Stock-
parenz, durch die der Umgangston im Büro sehr angenehm und familiär ist. Und holms neu entstehendem Stadtteil Hagastaden, in prominenter Nachbarschaft zu
das will etwas heißen. Denn in Stockholm arbeiteten zum Zeitpunkt meines Prakti- OMAs neuen Wohnhochhäusern, den „Norra Tornen“. Wir konnten einen gewagten
kums fast 200 Mitarbeiter, darunter allerdings nur neun Praktikanten – verhältnis- Entwurf präsentieren, der die sehr engen Vorgaben voll ausreizte, mussten uns
mäßig wenige für ein Büro von solch einer Größe. Auf der einen Seite hatte dies den schließlich aber dem Büro 3XN aus Kopenhagen geschlagen geben. Bei allen Wett-
Vorteil, dass wir perfekt eingearbeitet werden konnten. Wir nahmen an internen bewerben, an denen ich mitgearbeitet habe, war vor allem Teamplay gefragt. Ent-
Schulungen teil und konnten schnell mit anderen Mitarbeitern in Kontakt kommen, worfen wurde so oft es ging zusammen, Absprache war immens wichtig. Kein Blatt
ohne in der Praktikantenblase verharren zu müssen. Andererseits war ich tatsäch- vor den Mund zu nehmen, auch als Praktikant, war erwünscht und sogar gefordert.
lich der einzige ausländische Praktikant, und so fiel es mir nicht immer leicht, die
doch manchmal etwas zurückgezogene Mentalität der Schweden zu durchbrechen. r In Deutschland waren die Arbeitsbedingungen für Architekten – zumindest vor
der Coronakrise – zuletzt so gut wie seit 30 Jahren nicht. Wie sieht der Arbeits-
r Auf der Homepage von White Arkitekter ist zu lesen: “Our mission is to enable markt für Architekten in Stockholm und Schweden aus?
sustainable life through the art of architecture.” Wie sehr machte sich diese Mis- Als ich im August 2019 nach Stockholm kam, habe ich in ersten Gesprächen mit den
sion in Ihrem Arbeitsalltag bemerkbar? Mitarbeitern heraushören können, dass es in den vergangenen Monaten nicht mehr
Um es kurz zu machen – sehr! In jüngster Zeit schreiben sich immer mehr Büros – ganz so einfach gewesen war, eine der begehrten Stellen zu ergattern. Im Frühjahr
vornehmlich aus Marketinggründen – einen ähnlichen Slogan auf die Fahnen, nur mussten leider sogar einige Mitarbeiter gehen. Genau das sollte sich jetzt wieder-
um am Ende das Gebäude in Beton-Skelettbauweise mit ein wenig begrünter Fas- holen. In einem der monatlichen Montagsmeetings mit dem ganzen Büro wurde be-
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