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VERKAUF UND PRÄSENTATION • RETAIL AND PRESENTATION
SELF-PORTRAIT STORE
IN LONDON
Entwurf • Design Casper Mueller Kneer Architects, UK-London
Edle Verkaufsräume für hochwertige Marken und feine Ausstel-
lungsflächen für hochkarätige Kunst: Casper Mueller Kneer gestal-
ten mit klarer Linie und wenigen, dafür ausdrucksstarken Moti-
ven. Für den ersten eigenständigen Store eines jungen englischen
Modelabels entwarfen die in London und Berlin ansässigen Archi-
tekten ein replizierbares Designkonzept aus bizarren Geometrien.
von • by Kira Sophie Kawohl
E ines der beliebtesten Sujets unserer eitlen Zeit ist das Selbstporträt: Jeden Tag
werden weltweit etwa 93 Millionen Selfies aufgenommen. „Self-Portrait“ sei aus
diesem Grund ein guter Markenname für seine Kleider, fand der einstige Kunststu-
dent und heutige Modeschöpfer Han Chong, als er 2013 das eigene Label gründete.
Die Mode soll aufrufen zu Selbstliebe und Selbstinszenierung, sie ist expressiv, be-
tont sinnlich und extrovertiert. Passend dazu setzten Casper Mueller Kneer auf zwei
Stockwerken eines gründerzeitlichen Stadthauses im Londoner Nobelviertel Mayfair
ein Shopdesign um, das die Extravaganz der Marke unterstreicht und künftig als Vor-
bild für weitere Filialen dient. Prägnante, wiederkehrende Stilmittel sind sogenannte
„odd geometries“ – merkwürdige geometrische Typen –, die sich im Grundrisslayout
wie im Detail finden. Segmentbogenförmig angelegte Präsentationsschirme aus run-
den Metallstäben geben im Erdgeschoss eine fließende Durchwegung vor, während
die Verkaufsfläche im Untergeschoss mit eingestellten Wänden dreieckig zugeschnit-
ten ist. Der vollkommene Kreis dominiert in Gestalt überdimensionaler, runder Spie-
gel und Säulen. An denen hängen in ziemlich bildhauerischer, beinahe kubistischer
Manier massige, teils gequetschte Quader. Die Geometrie des verformten Vierecks
wiederholt sich in der zweifarbigen Einlegearbeit des Terrazzobodens, dessen
sprunghafter Rapport die streng lineare Gitterstruktur der Decke konterkariert. Als
scheinbar strahlende Lichtfläche fasst diese alle Raumabschnitte von oben her zu-
sammen und lässt die pudrig-muffige Farbwelt ziemlich cool aussehen. Zusätzlich
inszenieren gerichtete Spots und in die Präsentationsmöbel integrierte Leuchtmittel
die ausgestellte Ware. Glatten Oberflächen wird oben die raue Textur der lehmver-
putzten Wände, unten die dichte Stofflichkeit eines Hochflorteppichs entgegenge-
setzt. Insgesamt bietet das eigenwillig schnörkellose Design eine szenische Umge-
bung für die rüschigen Kleider Chongs. Hier und da sind intime, aber gut ausgeleuch-
tete Winkel und auch selfietaugliche Hintergrundmotive entstanden.
082 • AIT 1/2.2021