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BANKEN UND BEHÖRDEN • BANKS AND AUTHORITY BUILDINGS

































            BETRIEBSHOF

            IN STUTTGART



            Entwurf • Design asp Architekten, Stuttgart


            Robuste Industrie-Ästhetik: Wie viel architektonisches und städte-
            bauliches Potenzial in der Bauaufgabe eines Betriebshofs stecken
            kann, demonstrieren asp Architekten in Stuttgart-Bad Cannstatt.
            Das Tiefbauamt, das hier bereits angesiedelt war, bildet nun ge-
            meinsam mit dem Garten-, Friedhof- und Forstamt ein in sich
            geschlossenes, geordnetes Ensemble. Herzstück ist der Betriebshof.



            von • by Annette Weckesser
            E  s herrscht emsiger Betrieb. Die Nutzfahrzeuge des städtischen Fuhrparks in Bad
               Cannstatt rücken zu ihren Einsätzen aus. Im Tiefhof lagern in Schütten, Behältern
            und auf Regalen diverse Baumaterialien. Dass die Arbeitsabläufe des Tiefbau-, Garten-,
            Friedhof- und Forstamts hier geordnet parallel vonstatten gehen können, ist von archi-
            tektonischer Seite der klaren Struktur zu verdanken. asp Architekten verliehen dem Be-
            triebshof mit roughem Beton und unbehandelten Holzlamellen zudem einen starken
            Charakter. Das neue Gebäude liegt am Rande eines Wohngebiets auf einem schwierigen
            Grundstück zwischen Augsburger Straße, den Gleisen der Deutschen Bahn und Stadt-
            bahn, einer nahen S-Bahn-Trasse sowie in die Jahre gekommenen Bestandsbauten. Um
            diese heterogene Situation zu fassen, entwickelten die Architekten die Idee einer alles
            einfassenden „nutzbaren Gartenmauer“. Cem Arat, einer der geschäftsführenden Gesell-
            schafter von asp Architekten, spricht von einem flexiblen „Regal“, in dem überdachte,
            offene und geschlossene Lagerflächen sowie Garagen Platz finden. Dieser Sockel aus re-
            gionalem Recyclingbeton folgt der Topografie und schafft an der Straße ein langes, zwei-
            geschossiges Bollwerk mit Reliefstruktur, welches den Lärm akustisch und optisch an sich
            abprallen lässt. Für den asp-Projektleiter Thomas Herold lag eine große Herausforderung
            darin, die vielen Nutzungen bei laufendem Betrieb ästhetisch-funktional auf einen Nen-
            ner zu bringen. In die homogene Hülle integrieren sich im ersten Obergeschoss Mensa,
            Küche, Lager, Duschen, Umkleiden und Trockenraum sowie – auf einer Terrasse und von
            außen nicht ablesbar – ein Technikmodul. Der Bürotrakt setzt als reine Holzkonstruktion
            einen Hochpunkt auf dem Areal. Warme Seekieferflächen, rauer Beton, Tageslicht, das
            durch hohe Fenster und Lamellen dringt, Streckmetalldecken, recycelbare Kautschukbö-
            den, pressblankes Aluminium – der Industriecharme ist allgegenwärtig. Roh- und Ausbau
            sind zum Großteil identisch. Alexander Hofmann vom Hochbauamt, Bauherrenvertreter
            und selbst Architekt, ist sich der Verantwortung für Ressourcen und die Baukultur be-
            wusst und er betont, der Betriebshof sei sortenrein rückbaubar.

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