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EDITORIAL
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
so können Krankenhäuser in der Provence aussehen (Bild links) – allerdings nur, wenn sie
bereits Ende des 18. Jahrhunderts entstanden sind! Von einer Gebäudetypologie, die sich an
Klinik- und Patientenbedürfnissen orientiert, war man damals offensichtlich noch weit ent-
fernt. Der Vorteil: Das historische Gebäude konnte in den darauffolgenden Jahrzehnten als
Schule, als Wohnhaus und zuletzt als Weinkeller umgenutzt werden. Die Anforderungen an
Gesundheitseinrichtungen heutzutage sind durchaus spezifischer. Entdeckt haben wir das
multifunktionale Gebäude übrigens unter vielen anderen Sehenswürdigkeiten in Avignon,
wohin uns der diesjährige INsider Award geführt hat. Bereits zum 12. Mal haben wir eine
Gruppe von nominierten InnenarchitektINNen eingeladen, im Rahmen eines Colloquiums
die oder den Besten der Branche zu küren. Die Gewinner des INsiders finden Sie auf Seite
17! Doch zurück zum Thema Gesundheitseinrichtungen: Der Spagat zwischen funktionalen
Abläufen, technischen Erfordernissen, hygienischen Ansprüchen und einer der Heilung för-
derlichen Atmosphäre stellt sicherlich – sowohl finanziell wie gestalterisch – eine große Her-
ausforderung dar. Für unsere AIT-Ausgabe zum Thema „Gesundheit und Wellness“ haben
wir uns auf die Suche nach Projekten gemacht, bei denen nach Erfüllung des technischen
Pflichtenheftes noch Gestaltungswille und Budget für ein Geborgenheit und Zuversicht ver-
mittelndes Innenleben übrig waren. Alles andere als steril und angsteinflößend sind die
Zahnarztpraxen in Berlin, Stuttgart und Asheville (ab S. 68) und der Blutspenderaum in
Mit besten Grüßen Hamburg (S. 82). Und anhand der Projekte aus Utrecht (ab S. 84) und Heidelberg lässt sich
Petra Stephan, Dipl.-Ing. sehr gut nachvollziehen, wie wichtig eine behütende, entspannende Umgebung für Krebs-
Chefredakteurin • Chief Editor patienten ist. Zu diesem Schluss kam bereits 1993 Maggie Keswick Jencks. Selbst an Krebs
Architektin • Architect erkrankt, beschloss sie zusammen mit ihrem Mann Charles Jencks, einen architektonischen
Grundstein dafür zu legen, dass Krebspatienten von einer Umgebung aufgefangen werden,
die sie die Krankheit vergessen lässt und zur Heilung beitragen kann. Aus dieser Initiative
heraus sind inzwischen 22 Maggie´s Centres entstanden – entworfen von verschiedensten
rennomierten Architekten, das letzte in Barcelona (S. 88). Maggie Keswick Jencks hat diesen
Erfolg nicht mehr erleben können, sie starb 1995 an ihrer Krebserkrankung. Am 13. Oktober
starb ihr Mann, der große Architekt der Postmoderne und Architekturtheoretiker Charles
Jencks, im Alter von 80 Jahren – 24 Jahre nachdem das erste Maggie´s Centre eröffnet wurde.
Dear Readers,
This is what hospitals in Provence can look like (picture above) – if they were built at the end of the 18th
century. At that time, a building typology based on the needs of hospitals and patients was obviously
still a long way away. The advantage: in the following decades, the historic building could be converted
into a school, a residential building and finally a wine cellar. We discovered the multifunctional building
in Avignon, where this year's INsider Award took us. Since 2008, we have been inviting nominated in-
terior designers to a colloquium to select the best in the industry. Find the winners of the INsiders on
page 17! Back to health care facilities: The balancing act between functional processes, technical and hy-
gienic requirements and an atmosphere conducive to healing is certainly a major challenge. For our AIT
issue on "Health and Wellness", we set out to find projects where, after fulfilling the technical specifica-
tions, there was still the budget for and the will to design an interior that conveys security and confi-
dence. The dental practices in Berlin, Stuttgart and Asheville (p.68 ff.) and the Blood Donation Room in
Hamburg (p.82) are anything but sterile and frightening. The projects in Utrecht, Barcelona and Heidel- Die INsider genossen die letzten Sonnentage in der Provence (Seite 17).
berg (p.84 ff.) clearly illustrate the importance of a protective, relaxing environment for cancer patients.
Maggie Keswick Jencks came to this conclusion in 1993. Having fallen ill with cancer herself, she and her
husband Charles Jencks laid an architectural foundation for cancer patients to be absorbed by an envi-
ronment that would allow them to forget the disease and contribute to healing. Meanwhile, 22 Maggie’s
Centres have been opened – designed by renowned architects, the latest one in Barcelona (p.88). Maggie
Keswick Jencks did not live to see this success, she died of her illness in 1995. On October 13, her hus-
band, the great architect of postmodernism and architectural theorist Charles Jencks, died at the age of
80 – 24 years after the first Maggie’s Centre was opened in Scotland.
004 • AIT 11.2019