Page 4 - AIT0720_E-Paper
P. 4

EDITORIAL












                                                     Liebe Leserinnen, liebe Leser,


                                                     das Thema Wohnen hat in den vergangenen Monaten weltweit eine ganz neue Dimension
                                                     erlangt. In den Wochen des Lockdowns mussten sich erstmals alle Familienmitglieder über
                                                     lange Zeit mit dem arrangieren, was die häusliche Umgebung so hergab. Dabei fiel anschei-
                                                     nend allerhand Verbesserungswürdiges ins Auge, nicht umsonst wurde Baumärkten tatsäch-
                                                     lich Systemrelevanz bescheinigt. Neben Homeoffice und Kinderbetreuung kam der Optimie-
                                                     rung von Haus und Garten, Wohnung und Balkon (Bild links) eine ungeahnte Bedeutung zu.
                                                     Kein Fehler, wenn das so bliebe, oder sich gar die Erkenntnis durchsetzen würde, für die Ge-
                                                      staltung der eigenen vier Wände Fachleute, sprich Innenarchitekten und Architekten, zu en-
                                                     gagieren. In Deutschland ist leider immer noch die Mehrheit potenzieller Bauherren der Mei-
                                                     nung, dass der Fertighausmarkt die Wohnbedürfnisse perfekt abdeckt. Die Realität zeigt je-
                                                     doch, dass längst nicht mehr die Durchschnittsfamilie – Vater, Mutter, zwei Kinder – als Blau-
                                                     pause für Wohnbauten dienen kann. Die Ansprüche an die Behausung haben sich nicht nur
                                                     in Bezug auf die Anzahl der Bewohner geändert, sondern auch in Hinblick auf deren Diver-
                                                     sität. Dass gerade ungewöhnliche, keinesfalls durchschnittliche Lebensmodelle ebensolche
                                                     maßgeschneiderten Wohnumfelder generieren, belegen wir anhand ausgewählter Projekte
                                                     ab Seite 60. Gon-architects haben für einen überzeugten Junggesellen ein offenes Wohnkon-
                                                     zept in Madrid (S. 80) entworfen und Matali Crasset für eine befreundete Junggesellin ein
                                                     Apartment in Paris (S. 84). Ausgesprochen eigenwillig residiert der russische Innenarchitekt
            Mit besten Grüßen                        Harry Nuriev mit Partner Tyler Billinger in New York (S. 90), und einen Auftrag der besonde-
            Petra Stephan, Dipl.-Ing.                ren Art hatte der Architekt Alex Scott-Whitby für eine Dreierbeziehung in London umzusetzen
            Chefredakteurin • Chief Editor           (S. 104). Die übrigen Wohnprojekte sind ebenso wenig von der Stange wie die neuesten Mö-
            Architektin • Architect                  belentwürfe, die in Mailand auf der Salone del Mobile gezeigt worden wären – hätte sie
                                                     denn stattgefunden. Wir zeigen Ihnen trotzdem unsere „Salone-Highlights“ (S. 28). Der erste
                                                     Pressetermin nach dem Lockdown führte uns dann auch nicht nach Mailand, sondern nach
                                                     Bad Liebenzell. Dort hatte Ippolito Fleitz Group für Object Carpet eine beeindruckende In-
                                                     stallation mit deren Teppichböden entwickelt (Bild unten) – geplant für die Milan Design
                                                     Week. Mehr Bilder und Informationen finden Sie im AIT-Editor´s Blog auf Facebook. Wir
                                                     wünschen Ihnen einen heiteren, entspannten Sommer – im optimalen Wohnumfeld!




                       Dear Readers,

                       in recent months, the subject of housing has taken on a whole new dimension world-
                       wide. In the weeks of the lockdown, all family members had to come to terms with
                       what their domestic environment had to offer. All sorts of things in need of improve-
                       ment have caught the eye, and it is not without reason that DIY stores were attested
                       systemic relevance. Besides home office and child care, the optimisation of one's
                       house and garden, apartment and balcony (picture above) gained undreamt-of impor-
                       tance. It would be positive if it were to become generally accepted that experts, i.e. ar-
                       chitects and interior designers, should be engaged for the design of one's home. Reality
                       shows, that the average family of four can no longer serve as a blueprint for residential
                       buildings. The demands on accommodation have changed in terms of both the num-
                       ber of residents and diversity. Selected projects starting on page 60 demonstrate that
                       unusual ways of living require tailored living environments. Russian interior designer
                       Harry Nuriev and his partner Tyler Billinger have their own special way of living in New
                       York (p. 90), and London-based architect Alex Scott-Whitby had to tackle a very special
                       commission for a triangular relationship (p. 104). The latest furniture designs that
                       would have been exhibited at the Salone del Mobile in Milan — if it had taken place —
                       are also nowhere near off-the-peg. We will nevertheless show you our Salone High-
                       lights (p. 28). The first appointment after the lockdown took us to Bad Liebenzell,
                       where Ippolito Fleitz Group had developed an impressive installation for Object Carpet
                       with their carpets (picture on the right), planned for the Milan Design Week.   AIT-Volontärinnen Patricia Buth und Theresa Hütte bei Object Carpet

            004  •  AIT 7/8.2020
   1   2   3   4   5   6   7   8   9