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BÜRO UND VERWALTUNG • OFFICE BUILDINGS

































            MGS GROUP OFFICES

            IN VISEU



            Entwurf • Design Covo Interiores, PT-Vila Nova de Paiva


            Als Covo Interiores entwickeln José und Mario Morgado ganzheitliche
            Innenraumkonzepte – jüngst für die Büros einer portugiesischen Im-
            mobiliengesellschaft im Erdgeschoss eines vormaligen Wohngebäu-
            des. Dabei übertragen die Brüder die äußere Gestalt von Bauwerken
            abstrakt auf das Interieur; deutlich machen sich Pult-, Sattel- und Ton-
            nendächer als Sujet ihrer Arbeit erkennbar. Eine formale Spielerei?



            von • by Stephan Faulhaber
            D   a entsteht etwas Neues. Maßgefertigtes Mobiliar aus MDF- und Vollholzplatten, das
                schwarz lackiert, exponatartig positioniert als Kunstobjekt und weiß gefärbt, wand-
            bündig platziert als Komponente der Innenhülle inszeniert wird. Dass José Morgado vor
            seiner Selbstständigkeit zehn Jahre lang als Möbeldesigner tätig war, das sieht man. Um
            seinen Studienaufenthalt in Finnland wissend, meint man auch Tendenzen des skandi-
            navischen Designs zu erkennen in dem für die Escola do Porto untypischen edlen
            Schwarz. Den Auftakt der Arbeitsraumabfolge bildet ein offener Co-Working-Space, der
            sich durch einen beinahe raumhohen Schrank vom Empfang abgrenzt. Hier arbeiten die
            Mitarbeiter der MGS Group zusammen mit ihren Geschäftspartnern aus dem Bauge-
            werbe an gemeinsamen Projekten – sitzend an einer überdachten Schreibtischkonstruk-
            tion, die eine giebelständige Häuserreihe mimt. Trotz, oder gerade wegen dieser gewagt
            plakativen Geste: ein Hingucker! Das monochrome und monolithische Erscheinungsbild
            der planen, reinweißen Wand-, Decken- und Bodenflächen weist starke Parallelen zu den
            Bauten der Lissaboner Architekten Aires Mateus auf. Ob dem Fußboden ein heterogenes
            Belagsmaterial nicht vielleicht besser stünde, sei dahingestellt – doch bei der Entschei-
            dung für den homogenen Look wäre ein matter anstatt hochglanzpolierter Epoxidharz-
            boden konsequent gewesen. Sehr nah am Mateus’schen Architekturvorbild, wie dem Er-
            weiterungsbau für die Architekturfakultät in Tournai oder dem Gemeindezentrum in
            Grândola, bewegt sich auch das satteldachförmige Negativvolumen, das einen Durch-
            gang zum Konferenzzimmer ausbildet und seitlich das Chefbüro sowie die Sanitärräume
            erschließt. Diese Volumensubtraktion verstärkt das schwere und massive Aussehen der
            tatsächlich leichten Raumhülle. Ebenso das Sideboard im Chefbüro, auf dem der Schreib-
            tisch einseitig auflagert. Als additive Erweiterung der unteren Fensterlaibung erweckt die-
            ses Möbel auf subtile Art den Eindruck einer für Portugal typischen tiefen Einfassung. Mit
            zugezogenen Vorhängen wirkt das gänzlich farblose Interieur beinahe unlebendig und
            steril. Ganz im Fokus steht die Sichtverbindung nach außen, in die Natur.

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