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FORUM NACHRICHTEN • NEWS
BER 52° 21’ 44’’ N, 13° 30’ 2’’ O (Berlin) Jasmin Jouhar
Kunsthistorikerin, seit
2008 Freie Autorin und
Redakteurin im Bereich
Innen-/Architektur, Design
und Brands
Eckpunkt
Wer bislang das Berliner KaDeWe durch erschlossen durch eine eigene Rolltreppen- Until now, anyone entering Berlin’s Ka-
den Haupteingang am Tauentzien betrat, struktur. Der Umbau ist ein sich über Jahre DeWe through the main entrance could
hatte zwei Möglichkeiten: Entweder bog hinziehendes Work in Progress, das either turn directly to the lifts or fight their
man direkt zu den Aufzügen ab. Oder man StammkundInnen durch immer neue Ab- way through the main hall to the major
kämpfte sich durch das Gewühl der sperrungen erfreut. Nach Haupteingang escalator block at the back. According to
Haupthalle zum großen Rolltreppenpaket und Haupthalle ist jetzt auch die erste Roll- the conversion concept of the Office for
im hinteren Teil dieses Riesenkastens von treppe fertig. Und wie von OMA und sei- Metropolitan Architecture OMA, there
einem Kaufhaus. Beide Möglichkeiten nem Gründer, dem Rolltreppen-Fetischi- will be escalators in all four corners! The
haben Nachteile: Die Aufzüge bringen sten Rem Koolhaas, zu erwarten, ist es ein conversion is a work in progress that has
einen zwar zügig zum Ziel, aber von der At- raffiniert inszeniertes Stück Zirkulationsar- dragged on for years. After the main en-
mosphäre bekommt man wenig mit. Die chitektur geworden. Ein runder Einschnitt, trance and the main hall, the first escala-
Rolltreppen wiederum machen schon den nach oben hin aufgeweitet, durchkreuzt tor is now ready. As expected from OMA
Weg zum Erlebnis. Um den Preis, dass sich von etagenweise versetzten Rolltreppen. and its founder, escalator fetishist Rem
so einige auf der Suche nach der Lieblings- Der mechanische Tornado setzt einen Koolhaas, it has become a cleverly staged
marke verirrten. Die Lösung: In allen vier nicht nur punktgenau vor Kleiderständern piece of circulation architecture. A round
Ecken Rolltreppen! Darauf jedenfalls läuft und Sonnenbrillenregalen ab. Dank der incision, widening towards the top, criss-
das Umbaukonzept des Architekturbüros ständig wechselnden Perspektiven ist die crossed by escalators staggered floor by
Office for Metropolitan Architecture Fahrt auch ein Vergnügen des Sehens und floor. Constantly changing perspectives
Marco Cappelletti OMA hinaus. Unter der Leitung von Part- Gesehen-Werdens. Nur die Verkleidung make the ride a feast of seeing and being
nerin Ellen van Loon teilten die Architekten
aus dekorativem Holzfurnier war keine
seen. Only the wood veneer cladding was
Fotos: das 1907 eröffnete und mehrfach erwei- glückliche Wahl: Kurz nach der Öffnung a bad choice: first blemishes already ap-
terte Haus in vier Quadranten auf, jeweils
peared shortly after the opening.
blitzten bereits die ersten Fehlstellen.
CHC 43° 29’ 22’’ S, 172° 31’ 56’’ O (Christchurch) Henriette Sofia Steuer
Innenarchitekturstudium in
Rosenheim, Volontariat bei
AIT, seit 2018 freie Journa-
listin für Architektur, Hand-
werk und Einzelhandel
Ausgangspunkt
Wer das neuseeländische Christchurch vor lage wurde dem Bahnhof auch deshalb Since the devastating earthquake on 22
dem 22. Februar 2011 kennt, muss bei viel Bedeutung beigemessen, weil Neusee- February 2011, Christchurch, New Zea-
einem Besuch dieser Tage feststellen, dass land im öffentlichen Verkehrssektor ledig- land, founded in 1856, has little in com-
die 1856 gegründete Stadt nach dem ver- lich via Busnetz erschlossen ist. Mehr als mon with its original cityscape. The city
heerenden Erdbeben nur noch wenig mit 1.000 Busse bringen Reisende täglich von centre, once brimming with Victorian hi-
ihrem ursprünglichen Stadtbild gemein hier aus in alle Winkel des Landes. Der L- storicism, can now be compared to Ham-
hat. 185 Tote, 5.900 Verletzte und rund förmige Bahnhofskomplex umfasst dafür burg’s HafenCity. A sobering and yet exci-
12.000 Gebäude zählen zu den Opfern des ein hofseitiges Kreisverkehrssystem, das 16 ting transformation. Numerous national
Bebens. Die einst von viktorianischem Hi- überdachte Busstellplätze erschließt. Zur and international planning offices have
storismus strotzende Innenstadt lässt sich Innenstadt hin ragt das expressive Falt- contributed to the reconstruction. An Au-
heute mit der Hamburger Hafencity ver- dach des Baus weit über den Fußgänger- stralian project is the bus station by Ar-
gleichen. Eine ernüchternde und doch weg, und die zahlreichen kleinen Shops chitectus. More than 1,000 buses depart
auch spannende Wandlung. Zahlreiche in- zonieren als Fassaden durchdringende here every day, heading for all parts of
ternationale Architekten wie Shigeru Ban Kuben den Außen- wie Innenraum. So ent- the country. The L-shaped station com-
und Schmidt Hammer Lassen Architects stehen ein passender Eingangsbereich und plex provides 16 covered bus bays. To-
sowie nationale Planungsbüros wie Pat- Platz für geschützte Sitzgruppen und War- wards the city centre, the expressive fol-
ding roof projects far over the walkway,
tersons und Ignite Architects haben sich
Fotos: Simon Devitt und Damon McPhail am Wiederaufbau beteiligt. Ausdrucks- Glas, geschliffener Estrich, Metall- und and numerous small shops zone the exte-
teschlangen an den Ticketschaltern. Viel
starke Geometrien, Oberflächenstruktur-
Holzverkleidungen sowie ein weithin sicht-
rior and interior as cubes penetrating the
bares, gelbes Orientierungssystem sorgen
kuren und Fassadenrhythmisierungen prä-
façade. Plenty of glass, polished screed,
für einen ausdrucksstarken Look mit lang-
metal and wood panelling, as well as a
gen heute das Stadtbild. Ein australischer
lebigen Oberflächen. Ein angenehmer Aus-
Beitrag kam von Architectus mit dem Bau
yellow orientation system ensure an ex-
020 • AIT 4.2022 des Busbahnhofes. In bester Innenstadt- gangspunkt für jede Reise! pressive look with durable surfaces.