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ÖFFENTLICHE BAUTEN • PUBLIC BUILDINGS
KUNSTMUSEUM
IN RIGA
Entwurf • Design Processoffice & Andrius Skiezgelas Architecture, LT-Vilnius
2010 lobte die Stadt Riga einen Wettbewerb zur Er weiterung des Let -
ti schen Nationalen Kunstmuseums aus. Daraus gingen die beiden jun-
gen litauischen Architekturbüros Process of fice und Andrius Skiez gelas
Archi tecture mit ihrem ge mein sa men Vor schlag als Sieger hervor. An -
statt eines spektakulären Ergän zungsneubaus schlugen sie dezente
Ein griffe in das neobarocke Be stands gebäude und eine unterirdische
Erweiterung vor. Entstanden ist kein Signature Building, sondern ein
räumlich wie funktional überzeugendes Ganzes aus Alt und Neu.
In 2010, the City of Riga initiated a competition for the extension of
the Latvian National Museum of Art. The two young Latvian archi-
tectural firms Processoffice and Andrius Skiezgelas Architecture
came out as winners with their jointly developed concept. Instead
of a spectacular annexe the architects proposed a subtle interven-
tion in the neo-baroque building and an underground extension.
The result is no signature building but a spatially and functionally
convincing entity of old and new.
von • by Uwe Bresan
K önnten Gebäude sprechen, das Rigaer Kunstmuseum hätte sicher viele Geschich -
ten zu erzählen. Seit mehr als 100 Jahren steht es im Zent rum der lettischen Haupt -
stadt am Rande der Esplanade, einer im 19. Jahrhundert entstandenen Park an lage. Ge -
baut wur de es zwischen 1903 und 1905 unter russischer Herr schaft. Es folgten – pa ral -
lel zu den Da ten der beiden großen Kriege des 20. Jahr hun derts – die Unab hängig keit
des Lan des, dann deutsche Besatzung und abermals russi sche Vormund schaft. Erst mit
dem Zusam men bruch der Sowjetunion zu Beginn der 1990er-Jahre erlangte das Land
schließlich sei ne Unabhängigkeit zurück. Seither orien tiert man sich in Riga gen Westen:
2004 erfolgte der Beitritt zur Euro päi schen Union, 2014 die Einfüh rung des Euros als offi-
ziellem Zah lungs mittel. Im Ange sicht dieser bewegten Ge schichte grenzt es fast an ein
Wunder, dass das prächtige, von dem Deutschbalten Wilhelm Neu mann (1848–1919) im
Stile des Neo barock errichtete Museums ge bäude das 20. Jahrhundert ohne nennens-
werte Schäden und ohne größere Reparaturarbeiten überstanden hat. Und selbst zu
Beginn des 21. Jahrhunderts bestand das größte Problem des Hauses nicht in seiner
Bausubstanz, sondern schlicht in einem Mangel an Ausstellungs- und Lager flä chen. s
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