Juryurteile | 7. Juli 2017 | München
Kategorie HELP/CARE
Kawalki | Malwina Borowiec + Karolina Chodur, Pigalopus, PL-Warschau
Der Entwurf basiert auf einer einfachen, aber dennoch vielschichtigen Idee, die alle Sinne anspricht. Ähnlich einem Lego-System regt „Kawalki“ auf spielerische Weise Interaktionen an. Die Idee ist eindeutig, gut dargestellt und zeigt ein großes Weiterentwicklungspotential. Das Material Keramik ist für dieses Projekt vielleicht nicht die naheliegende Wahl, aber gleichzeitig erhält das Projekt dadurch eine herausfordernde und unerwartete Komponente.
Empfehlung für den Workshop:
Die Jury ist unsicher hinsichtlich der Verwendung von Aufklebern als Teil des gestalterischen Prozesses. Können die Fliesen das einzige erforderliche Element für die Entwurfsphase als auch die finale Verwendung sein? Die Möglichkeit, die Fliesen zu bewegen und zu entfernen wäre vermutlich ein Schlüssel zu einer wirklich interaktiven Gestaltung des Systems. Magnetismus, reversibel klebend? Was wäre die praktikabelste Technik? Die Möglichkeiten und Beschränkungen des Materials Keramik sind zu untersuchen. Wie können die Fliesen mittels Form und Größe haltbarer und kinderfreundlicher gestaltet werden, und wie verändert sich die räumliche Erfahrung mit der Gestaltung der Fliesen?
New Delft Blue | Agata Kycia, DE-Berlin
Das Motiv erinnert an die Küche der Großeltern, besser der Oma, die zu dieser Zeit sicherlich die Herrscherin über dieses Refugium war. In der Arbeit wird ein schöner Ansatz aufgezeigt, wie dieses traditionelle Motiv gestalterisch weiterentwickelt werden könnte. Innerhalb der Jury wurde intensiv diskutiert, ob das Motiv an sich als Ansatz ausreichend ist. Der mögliche aufgezeigte Weg zeigt Klarheit und reduziert sich auf das Wesentliche. Es ist jedoch ein sehr europäisches Motiv, kein internationales. Eine Möglichkeit den Ansatz zu erweitern wäre, darüber hinaus weitere traditionelle Motive zu recherchieren, zu finden und modern zu übersetzen.
Es muss innerhalb des Workshops untersucht werden, ob diese Art von Blau wesentlich für den Entwurf ist. Offensichtlich ist das Drucken dieses speziellen Blaus eine gewisse Herausforderung. Eine Handbemalung mit Punkten kommt bei einer industriellen Fertigung nicht in Frage. Auch wäre damit die Idee, etwas sehr Traditionelles modern zu interpretieren und es dann konventionell handwerklich herstellen zu lassen eine gewisse Inkonsequenz in der Entwurfsidee.
Weitere Farben sowie weitere Motivansätze und die damit verbundene Breite des Entwurfes wären in der Überarbeitungsphase wünschenswert.
Stay Unique | Agnes Tröger-Morguet, Agnes Morguet Innenarchitektur & Design, DE-Köln
Bezug zur Keramik: Vermutlich könnte man, wenn eine ausreichend große Farbpalette möglich ist, einen Katalog von Pixelfarben schaffen, der für jedes beliebige Bildmotiv verwendet werden kann. Die Pixel könnten an den Wänden jedes Krankenhauszimmers neu zusammengesetzt werden und dadurch ein einzigartiges Erlebnis erzeugen.
Empfehlung für den Workshop: Mir gefällt das Projekt, aber meines Erachtens nach sollte es etwas scharfsinniger sein. Das Überraschungsmoment fehlt. In diesem Punkt sollte es weiterentwickelt werden.
Wie wird die Fliese an der Wand angebracht? Welche Art Wand und welche Art Fliese werden verwendet? An diesen Punkten müsste der Entwurf weiter ausgearbeitet werden.
Es handelt sich nur um einen Eingriff an der Wand oder einer anderen Oberfläche. Vielleicht also die Decke, da der Patient nicht in der Lage ist nach draußen zu schauen, sondern vielleicht nur nach oben?
Mir gefällt die Frage der Wahrnehmung, die das Projekt stellen könnte – und die so viele Künstler bereits gestellt haben. Was passiert in dem Moment, wenn sich die optische Rückmeldung einer bildlichen Deutung in etwas Abstraktes verwandelt? Das heißt, wir sind näher an einer reicheren emotionalen Erfahrung je näher wir der Abstraktion kommen. Etwas wird wie etwas – vielleicht ist dies auch näher an einer Deutung, die die Genesung des Patienten unterstützen könnte. Vielleicht?
Kategorie SHOP/SHOW
Iceland shop house | Olga Solomatina, RU-Moskau
Bezug zu Keramik: Die keramische Außenhaut kann als Boden, Wand oder Dachfläche gestaltet und genutzt werden. Zudem wäre es spannend, die Themen Weben und historische Motive und Muster unter Verwendung des neuen Materials zu erkunden. Wäre es möglich, dreidimensionaler zu werden?
Wir hoffen, dass ein kulturelles Symbol auf eine Keramikinnovation trifft.
Empfehlung für den Workshop: Ich würde das Konzept als Außenhaut weiterentwickeln, die für alle Flächen von städtischen Böden über Wände bis hin zu Außendächern genutzt werden kann. Ich bin nicht sicher, ob das Projekt die nette Form eines Hauses annehmen muss. Mir scheint, dass ein Geschäft beispielsweise eher ein Würfel sein könnte oder eine andere Form annimmt, die aus dem Weben resultiert. Der Teilnehmer sollte sich nicht in Typologien verhaken … das ist nicht das Thema. Es sollte auch darüber nachgedacht werden, wie das gewebte Material geöffnet werden kann, um Licht etc. durchzulassen … Grad der Porosität?
Light Emitting Tile: L.E.T. | Prajapati Piyush, Godwin Austen Johnson, AE-Dubai
Die Jury ist neugierig, wie ein hartes und robustes Material plötzlich scheinbar weich und sanft werden kann und so eine spannende Wandlung mitmacht. Die Jury betont bei diesem Projekt, dass es bei der Weiterentwicklung aber weniger um eine technische Produktentwicklung gehen soll, sondern viel eher um die Etablierung der materiellen, atmosphärischen und räumlichen Qualität von LET.
Transmittance | Avishkar Bharati, JDAP Design – Architecture – Planning, IN-Mumbai
Kategorie MOBILE/TRANSIT
Systems | Joa Herrenknecht, Studio Joa Herrenknecht, DE-Berlin
Das Konzept kombiniert erfolgreich zweifarbige Flächen- und Reliefziegel auf unterschiedlichen Oberflächen. Obgleich das Gesamtkonzept nicht neu ist (es lässt sich auf optische Effekte, Filmkunst und öffentliche Kunst seit der 1970er Jahre zurückführen), ist die Verwendung von zweifarbigen Fliesen in Transitbereichen geeignet und logisch.
Der Vorschlag birgt großes Potential, um die Wirkung von Bewegung und Wahrnehmung sowie seine Materialisierung in Transitbereichen auszuloten. Es sollte als Beispiel dienen für eine zeitgemäße Verbindung zwischen Kundenspezifik, Charakteristik und Standardisierung.
Für den Kandidaten wäre es empfehlenswert, einige Einzelelemente zu entwickeln, deren Verwendung einen anderen, bisher nie gesehenen Raum schafft.
Travellers Wheel | Joao Araujo Sousa + Joana Correia Silva Arquitectura, PT-Porto
Der Entwurf zeigt eine simple aber effektive Verwendung von Keramikfliesen im öffentlichen Raum.
Man könnte dem Teilnehmer empfehlen, die Anfangsidee während des Workshops nicht auf Umwege zu lenken, sondern unterschiedliche Abmessungen und Positionen des Entwurfs zu analysieren und zu testen. Sollte daraus vielleicht eine Art Spielplatz werden, der wartende Reisende animiert, ihren Blick vom Smartphone zu heben?
RE:Tile | Andreas Crynen, Ingenhoven Architects, DE-Mönchengladbach
Einfach in der Produktion und vielfältig in der Anwendung, lassen sich mit RE:TILE sicherlich spannende Oberflächen gestalten. Obwohl das Produkt vermutlich markttauglich ist, vermisst die Jury ein bisschen die Innovationskraft, welche der Tile-Award auszeichnen möchte.
Beim Workshop muss das Ziel sein, den Einsatz von RE:TILE noch stärker auszuloten, das kann sein, die Vielseitigkeit der Anwendung zu überprüfen, die räumliche Wirkung und Tiefe noch zu verbessern und ein stärkeres Materialbild zu entwickeln